Dossier

Tatort Kreuzfahrtschiff Dutzende Menschen vermisst

Kreuzfahrten. Da denkt jeder ans Traumschiff, Entspannung und das legendäre Captain's Dinner. Ganz so rosig ist das Urlaubsleben an Bord eines Luxusliners nicht immer. Diese Traumschiffe sind genauso wie andere Urlaubsorte ein Spiegelbild der Gesellschaft. Immer wieder kommt es an Bord dieser Könige der Weltmeere zu tragischen Unfällen, Überfällen und Toten. Immer wieder verschwinden auch Menschen. Manchmal spurlos. "Ein Kreuzfahrtschiff ist wie eine kleine Stadt. Aber dort kennen die Einwohner das Risiko - und keiner geht in einer Stadt über Bord, ohne dass man jemals wieder von ihm hört." Eine Kreuzfahrt sei der "perfekte Weg, um das perfekte Verbrechen zu verüben", zitiert die Londoner Tageszeitung "The Guardian" den US-Abgeordneten Christopher Says.

Einer dieser ungeklärten Vermisstenfälle ereignete sich Ende 2006 an Bord des Kreuzfahrtriesen Queen Elisabeth 2. Die Hamburgerin Sabine L. wollte den letzten Tag des Jahres mit einem Bad im Pool beginnen. Früh morgens verließ sie ihre Kabine 5167 auf Deck 5. Seitdem fehlt von der 62-Jährigen, die zusammen mit Familie und Freunden auf einer Atlantik-Kreuzfahrt unterwegs war, jede Spur. Zunächst suchte der 74-jährige Mann der Vermissten das riesige Kreuzfahrtschiff allein ab, später informierte er die Crew. Doch weder die Durchsuchung des gesamten Schiffes, noch die Rückkehr an den Ort, an dem die Frau über Bord gegangen sein könnte, noch eine Auswertung der Überwachungskameras führte zu Ergebnissen. Sabine L. bleibt verschwunden.

Vermisstenfälle an Bord von Luxuslinern sind kein Einzelfall. Allein zwischen Januar 2003 und März 2006, heißt es in einem Bericht des US-Kongresses, gingen auf verschiedenen Kreuzfahrtdampfern mindestens 24 Passagiere spurlos verloren. Seither kamen nochmals mindestens ein Dutzend Vermisstenfälle hinzu. Allein die Online-Plattformen "Cruise Bruise" und "International Cruise Victims" listen unzählige Menschen auf, die in den vergangnen Monaten von Luxusliner verschwanden. Etliche fielen vermutlich über die Reling, bei anderen bleibt das Verschwinden rätselhaft.

Die Familie von Sabine L. versucht das Verschwinden der sportlichen Frau, die offenbar regelmäßig morgens im Schiffspool ihre Runden drehte, inzwischen mit einer eigenen Homepage (www.qe2missing.de) aufzuklären. "Bitte helfen Sie uns herauszufinden, was passiert ist. Jeder Hinweis ist für uns wichtig" heißt es dort. Die Hinweise der Website-Besucher sind bisher kaum zu gebrauchen. Ein anonymer Schreiber fordert etwa, dass "DNA-Proben von Lebensmittelabfällen" genommen" werden sollten. Ein weiterer Besucher verweist auf das Buch "Mord an Bord" von Hera Lind: "Vielleicht finden Sie darin eine denkbare Lösung. Frau Lind beschreibt mehrere Versionen, von denen sie auf einer eigenen Kreuzfahrt erfuhr. Dieser Gedanke ließ und läßt mich nicht los, deshalb ergreife ich diese Möglichkeit, ihn Ihnen mitzuteilen".

Vermutlich wird das Verschwinden von Sabine L. – wie so viele andere Vermisstenfälle - nie gelöst. Einen Freitod schließt die Familie indes aus. "Aus den persönlichen und familiären Lebensumständen ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte, die für einen Freitod sprechen können", zitiert die "Süddeutsche Zeitung" den Anwalt der Angehörigen. Die Familie halte einen Unfall wie auch ein Verbrechen für am wahrscheinlichsten.

Alexander Hüsing

Quelle: ntv.de

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