Dossier

Große Worte zum Jahrestag Hamas lässt die Muskeln spielen

Zehntausende Menschen feierten die Hamas-Gründung vor 22 Jahren.

Zehntausende Menschen feierten die Hamas-Gründung vor 22 Jahren.

(Foto: AP)

Knapp Ein Jahr nach Ende des Gaza-Krieges lässt die im Gazastreifen herrschende Hamas-Organisation wieder ihre Muskeln spielen. Zehntausende Palästinenser kamen zur Jubelfeier anlässlich der Hamas-Gründung vor 22 Jahren nach Gaza - viele freiwillig, andere, weil sie es sich nicht mit den Radikalislamisten verscherzen wollten. Und wie bei allen Hamas-Großdemonstrationen zuvor schlug wieder die Stunde der großen Worte: Hamas-Führer Ismail Hanijah wollte den Staat Israel wieder von der Landkarte verschwinden lassen.

"Palästina vom Mittelmeer bis zum Fluss Jordan ist ein islamisches Gebiet, das nicht Gegenstand von Konzessionen ist", rief Hanijah im Stakkato-Ton den Massen zu. "Wir werden Israel niemals anerkennen." Und selbst ein weiterer Krieg Israels werde die "Stärke und Entschlossenheit des Widerstandes in Gaza nicht brechen", fügte er hinzu. "Allahu Akbar" (Gott ist groß) schallte es immer wieder aus der Menge. Viele schwenkten Fahnen in den grünen Parteifarben.

Desaströse Lage

Bei nüchterner Betrachtung hat die Hamas eigentlich wenig Grund zum Feiern. Die Umfragewerte lagen zuletzt bei nur noch 19 Prozent Zustimmung in den Palästinensergebieten. Der Wiederaufbau des Gazastreifens hat knapp ein Jahr nach Beginn der israelischen Militäroperation noch gar nicht begonnen. Die Grenzübergänge zu Israel und Ägypten sind geschlossen, nur humanitäre Hilfe darf passieren. Hilfsorganisationen beschreiben die Lage der rund 1,5 Millionen Menschen in dem Palästinensergebiet am Mittelmeer als desaströs.

Hamas-Führer Ismail Hanijah: "Wir werden Israel niemals anerkennen."

Hamas-Führer Ismail Hanijah: "Wir werden Israel niemals anerkennen."

(Foto: REUTERS)

Die Hamas tickt aber anders. Allein der Umstand, dass sie sich trotz Isolation, Boykott und Blockade noch an der Macht hält, ist für die Radikalislamisten Grund genug zum Feiern. "Jene, die den Krieg geplant und ausgeführt haben, haben sich nicht vorstellen können, dass wir den Jahrestag mit einem solchen Großereignis begehen", sagt Hanijah. Die seit Tagen angekündigte große Überraschung fällt für jene, die sich wenig um die Fallstricke der internen Palästinenserpolitik kümmern, eher klein aus. Die Hamas signalisierte Bereitschaft zu einer Einheitsregierung der Palästinenser.

"Die Kundgebung mit zehntausenden Menschen ist ein klares Signal an Israel und (Palästinenserpräsident Mahmud) Abbas, dass die Hamas sich weiter auf die Unterstützung der Massen verlassen kann", sagt ein bekennender Nicht-Hamas-Sympathisant in Gaza.

Viele Schlüssel in der Hand

Die zweitgrößte Palästinenserorganisation hat in den vergangenen Monaten hinlänglich demonstriert, dass sie den Schlüssel zu vielen verriegelten Türen in Nahost in der Hand hält. Das betrifft den geplanten Gefangenenaustausch mit Israel ebenso wie die seit Jahren fruchtlose Aussöhnung der tief zerstrittenen Palästinensergruppen. Die Hamas hat Palästinenserpräsident Abbas gezwungen, die für Januar fälligen Präsidentschafts- und Parlamentswahlen abzusagen. "Niemand kann uns seine Bedingungen diktieren. Hamas ist eine starke Bewegung, die ihre eigene Strategie und Macht hat", sagt Hanijah.

Es gibt einige Stimmen unter Nahost-Experten und Politikern, die wegen der bisher wenig erfolgreichen Blockadepolitik dazu raten, in einen Dialog mit der Hamas zu treten. Grund ist auch die Sorge, dass die Hamas ein Vakuum ausfüllen könnte, weil die Friedensgespräche seit über einem Jahr ruhen. "Der zionistische Feind versteht nichts außer der Sprache der Gewalt, und Widerstand ist der einzige Weg", werben die Al-Kassam-Brigaden - der 20.000 Kämpfer starke bewaffnete Arm der Hamas - in einer Grußbotschaft zum 22. Jahrestag.

Israel lehnt jedoch - außer beim Thema Gefangenenaustausch - ebenso wie der Westen selbst indirekte Gespräche mit der Hamas ab. Die Hamas solle erst das Existenzrecht Israels anerkennen, seine militanten Gruppen entwaffnen sowie Gewalt und Terror abschwören, lauten die Bedingungen. Hamas-Führer Hanijah hat sich zum Jubiläum davon völlig unbeeindruckt gezeigt.

Quelle: ntv.de, Hans Dahne, dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen