Die Kluft wird immer größer Vor allem Geringverdiener leiden
09.11.2009, 14:19 UhrGeringverdiener, Ältere und Jugendliche sowie Zeitarbeiter sind die Hauptleidtragenden der Wirtschaftskrise. Zugleich zeigt eine neue Studie deutlich: Die Kluft zwischen den Löhnen Vollzeitbeschäftigter und niedrigen und mittleren Einkommen nimmt seit 1997 zu.

Geringverdiener wie Krankenschwestern gehören zu den Verlierern der Krise.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Während Geringverdiener Ende der 90er Jahre noch 64 Prozent des Einkommens eines Arbeitnehmers mit mittlerem Verdienst erzielten, erreichten sie 2007 nur noch 53 Prozent. Im internationalen Vergleich mit 20 untersuchten OECD-Ländern ist dieser Rückgang in Deutschland der stärkste, heißt es in einer Studie der Bertelsmann-Stiftung.
Aus der Untersuchung geht hervor, dass die Lohnungleichheit in Deutschland mittlerweile das Niveau Großbritanniens und anderer Länder, die nicht auf den sozialen Ausgleich achten, erreicht hat. Lediglich in Polen und Südkorea wurden die Löhne spürbar ungleicher - in den meisten anderen Ländern hat sich die Einkommensschere hingegen nicht weiter geöffnet. Das gilt auch für die USA, wo allerdings die Spreizung traditionell hoch ist und Niedriglöhne weniger als die Hälfte der mittleren Einkommen erreichen.
Im oberen Bereich der Lohnskala ist in Deutschland die Schere dagegen deutlich kleiner, im Zehn-Jahres-Vergleich sogar gleichmäßiger geworden. Um etwa ein Drittel übersteigt das Einkommen bei den hohen Löhnen das der Normalverdiener. In dem Bereich der hohen Löhne liegt Deutschland auf einem Niveau mit den Niederlanden, Dänemark oder Schweden.
Anteil der Beschäftigten nimmt zu
Zugleich zeigt die Studie, dass der Anteil der Beschäftigten aller Personen im erwerbsfähigen Alter von 2001 bis 2008 um 4,4 Prozentpunkte angestiegen ist. Mit 70,2 Prozent hat Deutschland damit das Beschäftigungsziel der europäischen Lissabon-Strategie erreicht. "Die Arbeitsmarkt-Reformen im abgelaufenen Jahrzehnt haben zu diesem Beschäftigungserfolg beigetragen, allerdings um den Preis zunehmender Lohnungleichheit", sagte Erich Thode von der Bertelsmann-Stiftung. Ein Großteil der Arbeitsplätze sei in Bereichen wie Zeitarbeit, geringfügiger oder befristeter Beschäftigung insbesondere im Dienstleistungssektor entstanden.
Die Hartz-Gesetze und die Agenda 2010 haben den Arbeitsmarkt der Studie zwar flexibler gemacht, allerdings auch neue Risiken geschaffen, die vor allem Jugendliche, Ältere oder Geringqualifizierte betreffen. In Deutschland verschärft sich dadurch die stark ausgeprägte Kluft zwischen gut abgesicherten Erwerbstätigen und Arbeitslosen bzw. geringfügig und befristet Beschäftigten.
Im Zuge der Krise zeigt sich dies besonders am Rückgang der Zeitarbeit, wo die Beschäftigung zwischen Juli 2008 und Juli 2009 weit stärker als in allen anderen Bereichen um 25 Prozent einbrach. Nochmals verschärft sich das Gefälle voraussichtlich durch die Möglichkeit, ehemals Beschäftigte im selben Unternehmen erneut befristet einzustellen. So sehen es die derzeitigen Pläne der Bundesregierung vor.
Quelle: ntv.de, tjo