Libyen und der Westen "Sanktionen müssen sofort erfolgen"
24.02.2011, 20:36 UhrDie Lage in Libyen bleibt weiterhin explosiv. Regimegegner und Regimetreue liefern sich blutige Straßenschlachten und es sieht nicht danach aus, als sei Diktator Muammar al-Gaddafi bereit einzulenken. Hat der Westen irgendeine Möglichkeit, Druck auszuüben? So wie die EU derzeit handelt, verspielt sie möglicherweise das Vertrauen der jungen libyschen Generation.
Die Stuttgarter Zeitung schreibt über einen möglichen Militäreinsatz der EU in Libyen:" Eines ist klar: eine Militärintervention zum Schutz der libyschen Bevölkerung wird es mit großer Sicherheit nicht geben. Und selbst wenn sich die EU mit ihren schwerfälligen außenpolitischen Strukturen zu einem derart gravierenden Schritt durchränge: vieles spricht derzeit dafür, dass sich das Problem Muammar al-Gaddafi bis dahin schon erledigt hätte und der Diktator gestürzt wäre." Öffentlich über eine Militärintervention nachzudenken, sei aber für die EU sinnvoll, um den Diktator und seine Getreuen unter Druck zu setzen. "Bislang nämlich ist es damit nicht weit her. Nicht einmal zu Sanktionen, einem Abbruch der Beziehungen oder einer Rücktrittsforderung haben sich Amerikaner und Europäer durchringen können. Da lenkt das machtvolle Wort vom Militäreinsatz zudem ein wenig vom eigenen Unvermögen ab."
Der Mannheimer Morgen analysiert kritisch das Verhalten der westlichen Länder und die daraus resultierenden Konsequenzen: "Und selbst wer Ägyptens Ex-Diktator Mubarak heimlich eine Träne nachweint, weil der den Frieden mit Israel garantierte, muss sich darauf einstellen, dass die historischen Umwälzungen die geostrategische Landkarte weiter verändern. Die Jugend übernimmt irgendwann die Macht - sie wird sich aber schon jetzt merken, welches Land sie unterstützt hat und welches nicht. Der Westen läuft Gefahr, das Vertrauen dieser Generation zu verlieren."
"Die erneuten wüsten Schimpfkanonaden gegen Demonstranten sind Beweis dafür, dass Gaddafi sich von Appellen und Warnungen nicht beeindrucken lässt", kommentiert die Braunschweiger Zeitung die jüngsten Aktionen Gaddafis. "Der 68-Jährige ist in dieser Auseinandersetzung zum Tod entschlossen - sowohl als Konsequenz für sein eigenes Leben, als auch in der Grausamkeit, mit der er sein Volk zusammenschießen lässt. Wenn er untergeht, soll alles untergehen. Sanktionen müssen sofort erfolgen. Unterbleiben sie, würde der Ölpreis zum Maßstab der Moral. Das wäre eine beschämende westliche Bankrotterklärung."
Angesichts des steigenden Ölpreises warnt die Westdeutsche Zeitung vor panischen Reaktionen: "Der Ölmarkt macht gerade das, was er schon häufiger gemacht hat, er macht in Panik. Bis sich die Lage in Nordafrika und Teilen Arabiens wieder entspannt hat und zu durchschauen ist, heißt es, einen kühlen Kopf bewahren. Angst war schon immer ein schlechter Ratgeber." Die derzeit boomenden Worst-Case-Szenarien werden sich überwiegend als falsch erweisen. "Voraussagen wie 'Ölpreis bald über 250 Dollar' oder 'Benzin für zwei Euro' bringen zwar hohe Einschaltquoten, stehen aber auf tönernen Füßen. Ehe die Welt in Depression verfällt, muss schon mehr geschehen, als dass ein Gaddafi aus Libyen gejagt wird."
Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Katja Sembritzki