Wirtschaft

Eifersuchtsszenen am Tunneleingang Alstom will Siemens stoppen

Ein Lächeln in London: Mit einem ihrer Siemens-Züge rollte die Bahn am Dienstag bereits bis in die Metropole an der Themse.

Ein Lächeln in London: Mit einem ihrer Siemens-Züge rollte die Bahn am Dienstag bereits bis in die Metropole an der Themse.

(Foto: REUTERS)

Ein Großauftrag an Siemens verletzt das betriebswirtschaftliche Denken der Franzosen zutiefst: Für den Betrieb im Kanaltunnel will Eurostar neue Züge in Deutschland ordern. In Frankreich wehrt man sich mit Händen und Füßen. Alstom-Anwälte legen den Deutschen jetzt juristische Knüppel in den Weg.

Der französische Siemens-Konkurrent Alstom hat im Kampf um den millionenschweren Großauftrag für zehn neue Kanaltunnel-Züge Klage eingereicht. Mit dem Gang vor Gericht will der Konzern verhindern, dass der Münchner Erzrivale das Geschäft an Land zieht. Die Bahngesellschaft Eurostar hatte vor zwei Wochen angekündigt, den Auftrag für neue Züge im Wert von rund 600 Mio. Euro an Siemens vergeben zu wollen. Die Züge für je 900 Passagiere sollen die bestehende Flotte ergänzen und bis zu 320 Kilometer pro Stunde schnell sein.

"Im Krieg und in der Liebe sind alle Mittel erlaubt", lautet eine alte Weisheit. Europäische Wirtschaftspolitik bewegt sich irgendwo dazwischen.

"Im Krieg und in der Liebe sind alle Mittel erlaubt", lautet eine alte Weisheit. Europäische Wirtschaftspolitik bewegt sich irgendwo dazwischen.

(Foto: REUTERS)

In der Regierung in Paris und beim ehemals staatlichen Alstom-Konzern herrscht seitdem helle Aufregung. Denn die Eurostar-Flotte besteht bislang nur aus TGV-Zügen von Alstom. Für die französische Industrie geht es nicht nur um den Millionen-Auftrag, sondern offenbar auch um die Ehre. Angesichts der derzeitigen Sicherheitsregeln für den Kanaltunnel zwischen Frankreich und England sei der Vertrag "null und nichtig", schimpfte Verkehrsstaatssekretär Dominique Bussereau bereits in der vergangenen Woche.

Mit genau der gleichen Argumentation zieht Alstom nun in London vor Gericht. Bereits die Ausschreibung sei rechtswidrig gewesen, argumentiert der Konzern. In ihr sei es um Züge gegangen, die nach geltenden Bestimmungen gar nicht durch die 50 Kilometer langen Röhren fahren dürften. Siemens wollte sich am nicht dazu äußern. "Wir kommentieren das nicht", sagte eine Sprecherin.

Das Unternehmen Alstom ist dafür bekannt, dass es nach verlorenen Ausschreibungen gern seine Hausjuristen einschaltet, um doch noch zum Zuge zu kommen. In diesem Fall ist der Rechtsweg allerdings besonders bizarr, da Alstom sich selbst mit einem Zug an der Ausschreibung beteiligte, der einen Teil der derzeitigen Sicherheitsbestimmungen für den Kanaltunnel nicht erfüllt.

Dass Alstom das Verfahren gewinnen kann, ist nach Ansicht der Bahngesellschaft Eurostar höchst unwahrscheinlich. Die Sicherheitsbestimmungen für den Tunnel werden derzeit überarbeitet. Danach soll nichts mehr gegen den Einsatz neuer Hochgeschwindigkeitszüge stehen. Auch die Deutsche Bahn will künftig mit ihren ICE-Bahnen durch den Eurotunnel rasen. Am Wochenende gab es einen ersten Evakuierungstest. Er verlief nach ersten Prognosen erfolgreich.

Eurostar betreibt die Zugverbindung zwischen dem europäischen Festland und Großbritannien durch den Eurotunnel unter dem Ärmelkanal. Das Unternehmen wurde als Gemeinschaftsprojekt der Bahngesellschaften SNCF (Frankreich) und SNCB (Belgien) sowie der inzwischen privatisierten British Rail (Großbritannien) gegründet. Die staatliche SNCF ist mit einem Anteil von 55 Prozent größter Anteilseigner.

Quelle: ntv.de, dpa

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