Franzosen üben keine Rache Aufruf zu "Bank Run" verhallt
07.12.2010, 14:28 UhrFrankreich übt Revolution und kaum einer geht hin. Nur wenige Sparer heben aus Protest gegen das Finanzsystem ihr Geld vom Konto ab. Die Aufruf im Internet hat eher symbolischen Charakter. Die Reaktionen aus Politik und Wirtschaft zeigen allerdings, dass diese Zeichen ganz oben immer noch nicht verstanden werden.
Die Banken kommen glimpflich davon. Der Appell des Ex-Fußballspielers Catona zur Revolution am Bankenschlater verpufft.
(Foto: dpa)
Der Aufruf zur Aktion "Bank Run" in Frankreich ist wie erwartet verhallt. Die Banken haben damit auch diese Attacke überlebt. Die französischen Initiatoren hatten Sparer europaweit zu nicht weniger aufgefordert, als aus Protest gegen das "korrupte Finanzsystem" ihre Konten zu räumen und damit das Bankensystem an den Abgrund zu befördern. Sprachrohr der Aktivisten war der langjährige Fußball-Star Eric Cantona.
Bei aller Medienwirksamkeit des Vorhabens brachte die Aktion nun nicht den gewünschten Erfolg. Den Internetaktivisten gelang es nicht, das Bankensystem zu erschüttern. Die Banken kamen glimpflich davon. In den Großstädten Paris, Lille und Marseille lief das Geschäft nach Angaben der Großbanken ganz normal. Trotzdem produzierte Cantonas Aufruf, der im Vorfeld der Aktion gerne ins Lächerliche gezogen wurde, am Ende mehr Wortmeldungen aus Politik und Wirtschaft und damit Aufmerksamkeit, als man der Aktion anfangs eigentlich zukommen lassen wollte.
"Probleme werden nicht gelöst"
Die durch die europäische Schuldenkrise gebeutelte Finanzbranche überschlug sich zuletzt mit Wortmeldungen. Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker räumte ein, auch er hege "gegenüber dem Finanzsektor gemischte Gefühle", aber die von Cantona gestartete Aktion sei vollkommen unverantwortlich". Cantona dürfe nicht Menschen zu Fehlern verleiten, die nicht die finanziellen Mittel wie er hätten. Auch EU-Währungskommissar Olli Rehn kritisierte die Aktion des als "Enfant terrible" bekannten ehemaligen französischen Nationalspielers. Er sei der Meinung, dass Cantona ein besserer Fußballer als Wirtschaftsexperte sei.
CEO Baudouin Prot. Französische Banken wurden im Nachhall der Krise mit bemerkenswert wenigen Restriktionen konfrontiert.
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"Man sollte über Sachen reden, von denen man Ahnung hat", kommentierte die französische Wirtschaftsministerin Christine Lagarde. Zuletzt meldete sich sogar der Chef der größten französischen Bank BNP Paribas zu Wort, Baudoin Prot. Die französischen Banken seien nicht Schuld an der Krise, hob er hervor. Selbst linksgerichtete Politiker in Frankreich distanzierten sich. Ein Zusammenbruch des Bankensystems löse die Probleme nicht.
Ein Sturm im Wasserglas?
Wer in Frankreich sein Konto plündern will, muss dies ab einer Summe von 1500 Euro mit mindestens zwei Tagen Vorlauf bei seiner Bank ankündigen. Doch bei den meisten Geldinstituten gingen in den vergangenen Tagen keine Anträge ein. Die Mitorganisatorin der Aktion, die belgische Drehbuchautorin Géraldine Feuillien, wollte zunächst keine Angaben zum Erfolg des "Bankrun" machen. In Frankreich hatten aber zumindest mehr als 30.000 Menschen angekündigt, dem Appell zu folgen. Zehntausende in einem Dutzend Länder, darunter auch Deutschland, hatten ihr Interesse für die Aktion bekundet.
Bis zum Mittag gaben im Internetnetzwerk Facebook allerding nur mehrere Dutzend Nutzer an, ihr Konto leergeräumt zu haben. In Paris hängte sich die Gruppierung "Wir retten die Reichen" an die Aktion an. Mehrere als Sträflinge verkleidete Mitglieder hoben ihr Geld von der Großbank Société Générale ab und deponierten es bei einem kleineren, kundenfreundlichen Geldinstitut. Ihr Ziel sei es nicht, das Bankensystem zusammenbrechen zu lassen, sagte ein Mitglied. Es solle lediglich besser funktionieren.
Alle Aufregung umsonst?
Obwohl die Aktion nur eine überschaubare Anhängerschaft rekrutierte, sorgte die Aktion für Schlagzeilen. Dabei hätte alles dafür gesprochen, sie zu ignorieren. Der Aufruf zum "Bank Run" brachte Politiker, Banker und Gewerkschafter, selbst die Medien, zumindest ein kleines bisschen in die Bredouille. Sollten sie vor der Aktion warnen oder die Aktion totschweigen? Niemand wollte an Erinnerungen wie Lehman, Northern Rock oder an die Nacht- und Nebelaktion, als die deutsche HRE pleiteging, rütteln. Die Menschen verrückt machen.
Aber der Blick der Sparer für Banken und Aktionen rund um Banken ist geschärft. Selbst wenn die Bürger sich nicht an einem Run auf Banken beteiligen wollen, sie horchen auf. Zum Leidwesen der Finanzbranche und aller, die versuchen, zu retten, was zu retten ist. Die Erinnerungen an die Menschenschlangen vor der britischen Hypothekenbank Northern Rock, als geschockte Sparer im September 2007 panikartig ihre Konten leer räumten, ist in die Hirnrinde gebrannt.
Der Schlüssel zum Verständnis lautet "Vertrauenskrise". Diese Krise hält an. Und niemand hat bislang eine zündende Idee, wie das Vertrauen wieder hergestellt werden kann. Wie weit Banker von einem solchen Verständnis entfernt sind, zeigt die Äußerung von BNP-Chef Prot: "Wir haben keine Schuld". Die Kluft zwischen Banken und ihren Kunden schließt das nicht.
Quelle: ntv.de, ddi/dpa/AFP