Wirtschaft

Drittes Hilfspaket Griechen bangt es vor neuer Hilfe

Griechenland ist weiter auf Hilfen der anderen Euro-Staaten angewiesen - und fürchtet weitere Sparrunden.

Griechenland ist weiter auf Hilfen der anderen Euro-Staaten angewiesen - und fürchtet weitere Sparrunden.

(Foto: picture alliance / dpa)

Griechenland kommt noch immer nicht auf die Beine. Das Land ächzt unter der Schuldenlast, allein Zinszahlungen könnten einen kleinen Haushaltsüberschuss schon wieder aufzehren. Das dritte Hilfspaket der Eurostaaten soll helfen. Große Freude kommt in Athen dennoch nicht auf.

Griechenland erhält neue Hilfe: So hat es Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble angekündigt und sogar schon einen Betrag von elf Milliarden Euro in Aussicht gestellt. Doch die Freude in Athen hält sich in Grenzen. Zwar haben die bisherigen Notkredite das Land vor der Pleite bewahrt - zugleich aber haben die Sparauflagen die Wirtschaft in die Knie gezwungen. Den Griechen graust es vor weiteren Sparrunden.

"Griechenland hat den Preis der Rezession schon bezahlt", kommentierte die auflagenstärkste Zeitung "Ta Néa" zu Wochenbeginn. Die Regierung müsse deswegen eine "entschlossenere Unterstützung Europas einfordern, die neue Sparmaßnahmen ausschließt". Im Leitartikel von "Kathimérini" wird auf einen akkumulierten Wirtschaftseinbruch von 22,6 Prozent des Bruttoinlandsproduktes hingewiesen. Die Euro-Retter hätten Fehler gemacht, weil sie die "Besonderheit" der wirtschaftlichen und politischen Realität Griechenlands unterschätzt hätten. Das "Handelsblatt" zitiert eine Studie, nach der bis Jahresende 40.000 kleine und mittelständische Firmen mit rund 90.000 Beschäftigten pleitegehen sollen.

Hilfsmüdigkeit in Berlin und anderswo

Den Sorgen in Athen steht die Hilfsmüdigkeit in Berlin und anderen Hauptstädten der Eurozone gegenüber. 240 Milliarden Euro wurden seit Beginn der Krise 2010 schon an die Hellenen verliehen. Es reicht nicht. Griechenlands Finanzminister Giannis Stournaras bezifferte das Loch für 2014 und 2015 am Sonntag auf zehn Milliarden Euro. Schäuble sagte der "Rheinischen Post", die vom Internationalen Währungsfonds (IWF) genannten elf Milliarden Euro seien "nicht unrealistisch".

Die Finanzlücke Griechenlands ist möglicherweise aber auch deutlich größer. Zumindest nach Einschätzung der SPD:  "Zu den knapp elf Milliarden Euro bis 2015 kommt für den Zeitraum 2015 bis 2020 ein weiterer hoher zweistelliger Milliardenbetrag", sagte der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Schneider, der "Bild"-Zeitung. Der Bedarf ergebe sich unter anderem aus der schwachen Wirtschaftsentwicklung und fehlender Privatisierungserlöse.

Merkel meidet Diskussion

Wann das neue Hilfspaket beschlossen und ausgezahlt wird, ist allerdings noch gar nicht klar. Bundeskanzlerin Merkel will sich dazu nicht äußern - die Opposition geht davon aus, dass sie vor der Wahl keine Debatte über neue Milliarden für Griechenland will. Zumal eine solche Entscheidung ein gefundenes Fressen für die eurokritische Alternative für Deutschland  wäre, die frustrierte CDU-Wähler ansprechen will.

Das Problem ist nicht nur die Verdrossenheit der Euro-Partner. Würde Athen einfach einen zusätzlichen Notkredit erhalten, würde die Verschuldung noch weiter in die Höhe schießen. Die linksradikale syrische Oppositionspartei Syriza warnte die Regierung schon davor, ein drittes Paket nach altem Muster zu unterschreiben, schließlich habe das schon zur "Explosion der Verschuldung und zur tiefen Rezession geführt".

Die Situation ist auch deshalb heikel, weil sich Athen in der zweiten Hälfte 2014 wieder langsam an die Finanzmärkte vorwagen will. "Das wäre ohne Zweifel ein starkes politisches Signal", sagt Anguélos Tsakanikas vom griechischen Forschungsinstitut IOVE.

Kein Geld aus dem ESM

Wie soll die Hilfe also aussehen? Finanzminister Stournaras benannte im "Handelsblatt" die Möglichkeiten: eine Senkung der Zinsen für die bisherigen Kredite und eine Streckung der Laufzeiten. Für beides gilt grünes Licht aus Berlin als wahrscheinlich.

Nicht aber für den dritten Vorschlag: Dass die griechischen Banken rückwirkend Geld aus dem permanenten Rettungsschirm ESM bekommen und der Staat seine Schulden an den Fonds abschiebt. Dadurch würde der deutsche Steuerzahler direkt für die griechischen Banken einspringen. Gegen das Instrument wehrt sich Berlin energisch. Und auch einen öffentlichen Schuldenerlass haben Schäuble und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ausgeschlossen.

Klar sind immerhin die Vorbedingungen, die Griechenland für weitere Hilfe zu erfüllen hat: 2013 muss ein Primärüberschuss erwirtschaftet werden, also ein Plus im öffentlichen Haushalt vor Abzug des Schuldendienstes. Und eine Reihe von Strukturreformen müssen umgesetzt sein, vom öffentlichen Dienst bis zur Steuererhebung.

Zinsen würden Überschuss auffressen

Entscheidend für die Griechen sei, dass der Primärüberschuss nicht durch die Rückzahlung der Kredite aufgefressen werde, sondern in die Wirtschaft fließe, sagt Finanzexperte Kostas Melas von der Pantion-Universität in Athen. Neue Hilfe mit zu drakonischen Auflagen - das könnte auch zum Sprengsatz für die Regierung von Antonis Samaras werden.

Geht es nach Schäuble, dann ist für das Schnüren des dritten Rettungspaketes noch Zeit. Nachdem er mit seiner Ankündigung, dass weitere Hilfe notwendig werde, vergangene Woche zur Überraschung vieler vorgeprescht war, tritt er inzwischen wieder auf die Bremse: Das zweite, im vergangenen November aufgelegte Programm reiche noch bis Ende 2014. Erst Mitte nächsten Jahres müsse also geprüft werden, ob es Bedarf gebe, sagte der Minister der "Rheinischen Post".

Quelle: ntv.de, vpe/AFP/dpa

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