Alle Gläubiger sind gleich Kein Fiskusprivileg bei Pleiten
23.08.2010, 07:05 UhrDer Bund wird bei Pleiten nun doch nicht als Erster die Hand aufhalten. Das Justizministerium verständigt sich mit dem Finanzressort darauf, eine Alternative zu suchen, die fürs Staatssäckel finanziell ebenso lukrativ ist. Der Vorschlag soll noch diese Woche vorliegen.
Immer schön der Reihe nach. Auch bei Firmenpleiten gilt: Hinten anstellen!
(Foto: Pixelio/Kenneth Brockmann)
Die Bundesregierung wird dem Staat bei der Aufteilung der Vermögenswerte bei Firmeninsolvenzen nun doch kein Vorrecht einräumen. Nach heftigem Widerstand des Bundesjustizministeriums verständigten sich Justiz- und Finanzressort offenbar darauf, eine Alternative zu finden. Das bestätigten Sprecher beider Häuser. Damit wird die Wiedereinführung des sogenannten Fiskusprivilegs wieder aus dem Haushaltsbegleitgesetz gestrichen, den das Finanzministerium vergangene Woche verschickt hatte.
"Am Freitag hat man sich zumindest darauf verständigt, das Fiskusprivileg durch eine andere Kompensation zu ersetzen", sagte ein Sprecher des Justizministeriums mit Bezug auf ein Staatssekretärsgespräch. Das Ministerium wolle dazu nun Vorschläge vorlegen. Er rechne noch mit einer Lösung in dieser Woche. Auf jeden Fall soll die Alternative jene Summe erbringen, die das Finanzministerium im Zuge des Sparpakets aus der Wiedereinführung des Fiskusprivilegs erhofft hatte. Das Finazministerium bestätigte lediglich, Stand der Verhandlungen sei derzeit, "dass das Volumen erbracht wird".
Zerschlagung oder Sanierung?
Auslöser der Debatte ist der Gesetzentwurf zum Haushaltsbegleitgesetz aus dem Finanzministerium, der die Beschlüsse des Sparpakets umsetzt. Danach sollte das Insolvenzrecht so verändert werden, dass Forderungen des Fiskus, der Sozialversicherungen und der Bundesagentur für Arbeit an Pleitefirmen vorrangig vor anderen Insolvenzgläubigern behandelt werden. Diese Änderungen sollten dem Staat 2011 Mehreinnahmen von 455 Mio. Euro in die Kassen spülen. In den Jahren darauf sollte diese Summe schrittweise auf eine Mrd. Euro steigen.
Entsprechende Vorschläge des Finanzministeriums waren vom FDP-geführten Justizministerium heftig zurückgewiesen worden, wie aus Schreiben der Justizstaatssekretärin Birgit Grundmann an ihren Finanzkollegen Werner Gatzer hervorgeht.
Insolvenzverwalter zeigten sich angesichts der Pläne entsetzt. Das deutsche Insolvenzrecht verliere damit seinen sanierungsfreundlichen Charakter und verkommt zu einem Zerschlagungsrecht, urteilte etwa der Bonner Insolvenzrechtler Hans Haarmeyer. "Die Rettung von insolventen Betrieben und damit von Arbeitsplätzen ist dann kaum noch möglich", sagte Daniel Bergner, der Geschäftsführer vom Verband der Insolvenzverwalter Deutschlands (VID), der "Welt".
Quelle: ntv.de, rts