Begehrte Seltene ErdenRussland bietet Hilfe an
Die Rohstoffversorgung der deutschen Industrie jenseits von Gas und Öl dürfte ein bestimmendes Thema bei den deutsch-russischen Regierungskonsultationen sein. Russland bringt die Versorgung mit Seltenen Erden ins Gespräch.
Russland bietet Deutschland eine engere Zusammenarbeit bei der Energieversorgung mit Gas und Öl sowie im Bereich nicht-energetischer Rohstoffe an. "Auf der Halbinsel Kola gibt es sehr viele Lagerstätten für Seltene Erden", sagte der Präsident der Russischen Gasgesellschaft, Waleri Jasew. Dort könne man die Zusammenarbeit verstärken, betonte Jasew, der auch stellvertretender Parlamentsvorsitzender ist, beim deutsch-russischen "Petersburger Dialog". Auch Vize-Ministerpräsident Viktor Subkow betonte, es gebe gute Möglichkeiten, neue Lagerstätten für Seltene Erden zu erschließen.
In deutschen Industriekreisen stießen die Ankündigungen auf großes Interesse. Die Rohstoffversorgung der deutschen Industrie jenseits von Gas und Öl dürfte auch Thema bei den deutsch-russischen Regierungskonsultationen werden, die am Dienstag in Hannover stattfinden. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Russlands Präsident Dmitri Medwedew treffen bereits am Montagabend in Hannover zusammen. Der "Petersberger Dialog" ist ein Austausch der Zivilgesellschaften beider Länder, der meist im Vorfeld der Regierungskonsultationen stattfindet.
Rohstoffpartnerschaft angestrebt
Weil die Sorgen über die Versorgungssicherheit bei den für Hightech-Produkten wichtigen Seltenen Erden wachsen, haben Bundesregierung und EU vor kurzem Rohstoff-Strategien vorgelegt. Deutschland hat bereits mit Kasachstan eine Absichtserklärung für eine Rohstoffpartnerschaft geschlossen und strebt nach ähnlichen Vereinbarungen etwa mit der Mongolei. Russland verfügt ebenfalls über erhebliche Reserven an Seltenen Erden, aber auch anderen Metallen. Bisher dominiert aber eindeutig der Import von Öl und Gas.
Wirtschaftsvertreter brachten in Wolfsburg nun aber eine Rohstoffpartnerschaft mit Moskau ins Gespräch. Russland könnte für Deutschland ein enger Partner bei der Lieferungen nicht-energetischer Rohstoffe werden, betonte der Vorstandsvorsitzende des Vereins Deutsch-russisches Rohstoff-Forum, Bernhard Kaltefleiter. "Deutschland könnte mit einem gewissen Technologie-Transfer dazu beitragen, Rohstoffe resourcenschonender zu fördern", sagte er. Es gehe dabei nicht nur um einen Ausbau der Handelsbeziehungen, sondern um gemeinsame Investitionen in Russland.
Wie dringend das Thema der Versorgungssicherheit aus Sicht der Industrie mittlerweile ist, machte Eckhard Schüler-Hanisch, Leiter des Innovations-Geschäftsumfelds des Autoherstellers Daimler, deutlich. "In der ganzen Automobilindustrie wird anders als vor fünf Jahren derzeit diskutiert, was gegen Lieferrisiken oder mögliche Marktstörungen getan werden kann", sagte er. "Denn wir brauchen Rohstoffe wie Seltene Erden oder Platinmetalle vor allem für die Bereiche Elektromobilität und Leichtbaukonstruktionen." Ein Problem sei, dass 97 Prozent der Weltproduktion seltener Erden aus China kämen und sich die Preise in den vergangenen 18 Monaten verzehnfacht hätten.
Deshalb drängt die Industrie die Politik, für offene Rohstoffmärkte zu sorgen. Mittlerweile würde auch geprüft, ob man mit technologischen Entwicklungen den Einsatz Seltener Erden umgehen oder aber eine engere Zusammenarbeit mit Rohstofffirmen eingehen könne, sagte der Daimler-Manager. "Bilaterale Rohstoffpartnerschaften können aber sicher einen substanziellen Beitrag zur Sicherung dieser Ziele leisten."
Atomstrom aus Russland?
Auf dem Wirtschaftsforum des Petersburger Dialogs wurde aber auch deutlich, dass die russische Seite an eine viel breitere Zusammenarbeit mit Deutschland denkt. So warb etwa ein Vertreter der russischen Atomfirma Rosatom dafür, dass sich internationale Firmen am Bau eines neuen Atomkraftwerks in der russischen Exklave Kaliningrad beteiligen.
Im Ostseeraum erwarte man im Jahr 2015 einen Mangel an Stromkapazitäten von 16 Gigawatt. "Das Gebiet Kaliningrad kann deshalb die Batterie des Ostseeraums werden", sagte der Rosatom-Manager Kirill Komarow. Man sei bereits in Verhandlungen mit den Nachbarländern und fordere einen Ausbau der Starkstromleitungen nach Polen, um Strom nach Deutschland liefern zu können. "Wir hoffen, dass die deutsche Wirtschaft das Projekt wohlwollend prüft und sich beteiligt."