Hilfe für Wirtschaft, oder nicht? Zoff bei britischer Notenbank
28.09.2010, 18:12 UhrBei der Bank of England wird der Streit um den geldpolitischen Kurs nun in aller Öffentlichkeit ausgetragen. Notenbanker Sentance fordert eine zügige Zinsanhebung, um ein weiteres Aufblähen der Geldmenge zu verhindern. Sein Kollege Posen will dagegen eine weitere fiskalische Unterstützung für die britische Wirtschaft.

Hinter den dicken Mauern der Bank of England geht es derzeit hoch her.
(Foto: picture alliance / dpa)
In der Führungsspitze der Bank of England (BoE) wird der Streit um den richtigen geldpolitischen Kurs der Notenbank heftiger: Während Notenbanker Andrew Sentance davor warnte, über zusätzliche Staatsanleihekäufe noch mehr Geld in die Wirtschaft zu pumpen und Zinserhöhungen forderte, will sein Kollege Adam Posen die nach wie vor schwächelnde Konjunktur mit immer mehr Zentralbankgeld auf Trab bringen.
"Die Geldpolitik sollte weiter aggressiv die Erholung der Wirtschaft unterstützen und ich denke, dass dazu die Geldmenge noch stärker ausgeweitet werden sollte", sagte Posen im nordenglischen Hull. Posen und Sentance sind beide Mitglieder des geldpolitischen Komitees der BoE, das das nächste Mal am 7. Oktober über die Leitzinsen und den geldpolitischen Kurs entscheidet.
Die Notenbank hatte in der 2007 ausgebrochenen Finanz- und Wirtschaftskrise so wie die meisten anderen Notenbanken auch ihren Leitzins massiv gesenkt und zusätzlich viele Milliarden in die Wirtschaft gepumpt. Dafür hat sie bislang Staatsanleihen in einem Volumen von 200 Milliarden Pfund gekauft.
Kein großes Vertrauen zu Sparpaket
Seit Monaten wird spekuliert, dass die Notenbanker weitere Ankäufe ins Auge fassen könnten, um die Konjunktur zu stimulieren. Die sehr stark vom Finanzsektor abhängige Wirtschaft des Landes konnte sich zum einen nur mühsam aus der schwersten Rezession seit Generationen befreien. Zum anderen belastet der eingeschlagene Sparkurs der Regierung. Beim Leitzins, der seit der Krise auf dem Rekordtief von 0,5 Prozent steht, hat die Notenbank kaum mehr Spielraum.
Der als fiskalischer Hardliner bekannte Sentance will den Leitzins deshalb so bald wie möglich anheben. "Die Geldmenge mit weiteren unkonventionellen Maßnahmen aufzublähen, würde ein ganz falsches Bild der Wirtschaftslage zeichnen", sagte er der "Nottingham Post". "Ich denke, es wäre hingegen an der Zeit, den Grundstein dafür zu legen, die Zinsen maßvoll und graduell anzuheben und damit dem Umstand Rechnung zu tragen, dass sich die Wirtschaftslage gebessert hat." Das Sparprogramm der konservativ-liberalen Regierung von Premierminister David Cameron, das von vielen Experten als große Belastung gesehen wird, werde "letztlich nicht den Weg der Wirtschaft bestimmen"
Neues Konjunkturpaket
Adam Posen ist da ganz anderer Meinung. Er fürchtet, dass Großbritannien ähnlich wie Japan seit den 1990er Jahren in eine Art Dauerkrise rutschen könnte, sollte die Zentralbank ihre Unterstützung für die Konjunktur zu früh drosseln. "Wir sind noch einen langen Weg entfernt vom Normalzustand und wir sind einen sehr, sehr langen Weg entfernt von einer Überhitzung", sagte er.
Für den Fall, dass die Notenbank unter Führung von Gouverneur Mervyn King nicht zu weiteren Stimuli bereit seien, empfiehlt Posen der Regierung die Auflage eines neuen Konjunkturpakets oder den Ankauf von Unternehmensanleihen, um einzelnen Unternehmen oder Branchen stärker unter die Arme zu greifen.
Quelle: ntv.de, wne/rts