Erholung oder Korrektur?Dax klebt fest
Die Anleger am deutschen Aktienmarkt sind am Dienstag in Deckung geblieben. Gestützt von den verbesserten ZEW-Konjunkturerwartungen schloss der Dax aber immerhin unverändert. Der Markt sei in einer heiklen Situation, sagte ein Händler.
"Auf der einen Seite hören wir täglich Meldungen über Stellenabbau und Geschäftsverläufe, die weit hinter den Erwartungen bleiben. Auf der anderen Seite hält sich die Hoffnung, dass das Ende der Krise bald erreicht sein könnte", hieß es weiter. Ein Händler bezeichnete die aktuelle Phase als "Kampf zwischen Bulle und Bär".
Der Dax schloss in dieser allgemeinen Gemengelage mit einem minimalen Plus von 0,02 Prozent bei 4.890 Punkten. Für leichten Auftrieb sorgten die überraschend deutlich aufgehellten ZEW-Konjunkturerwartungen.
Experten zufolge zeigen die Daten im Detail allerdings weiterhin eine sehr negative Lage. Lediglich die Erwartungshaltung sei extrem hoch. Damit hauen die Daten exakt in die Kerbe vom Vortag. Am Montag hatten erneut aufgeflammte Konjunktursorgen den Leitindex in die Knie gezwungen. Das Börsenbarometer fiel daraufhin deutlich unter die magische Marke von 5.000 Punkten.
Die Kuh ist nicht vom Eis
Viele ängstliche Investoren befürchten das Ende des Aufwärtstrends. "Die Kuh ist noch nicht vom Eis", beschrieb ein Analyst von der Baader Bank die Situation. "Der Markt hatte eine schöne Vision, doch diese Vision müsste auch mit Leben gefüllt werden. Das heißt, die Industrieproduktion muss besser werden, Kredite müssen auch wirklich wieder leichter verfügbar sein."
Auch ein Händler bei MWB Fairtrade sah "den Kampf zwischen Bulle und Bär in der entscheidenden Phase". Er setzt momentan zu 60 Prozent auf einen Bärenmarkt. Sollte dann 4.800-Punkte-Marke nach unten durchbrochen werden, sei der Weg frei nach unten.
Da könnte doch was gehen
Die positiv orientierten Marktteilnehmer argumentierten dagegen, dass nach dem Abverkauf vom Montag durchaus eine Verschnaufpause drin sei. Der Euro erhole sich über 1,39 US-Dollar und der Ölpreis liege weiterhin in der Nähe der 70-Dollar-Marke. Das Umfeld spreche damit gegen eine ungebremste Fortsetzung des Abschwungs.
Auch der bevorstehende Verfall und das Ende des sehr guten Aktienquartals sprächen gegen eine stärkere Korrektur, erläuterte ein anderer Marktteilnehmer. Die "Stunde der Wahrheit" schlage erst im Juli, ergänzte er.
Chance für defensive Werte
Entsprechend der geteilten Marktstimmung profitierten bei den Einzelttiteln die von der wirtschaftlichen Entwicklung eher unabhängigen Werte wie die Deutsche Telekom, die 0,4 Prozent zulegten, oder Gesundheitswerte wie Fresenius, die mit plus 1,7 Prozent eine der Spitzenpositionen im Dax übernahmen.
Bayer legten 0,6 Prozent zu, nachdem die Analysten der Commerzbank sie zuvor zum Kauf empfohlen hatten. Wie Bayer-Chef, Werner Wenning in einem Zeitungsinterview ankündigte, plant der Chemie- und Pharmakonzern trotz der weltweiten Wirtschaftskrise Zukäufe. Wenning zufolge gibt es zudem Anzeichen dafür, dass die Talfahrt im Kunststoffgeschäft bald zu Ende ist.
Auf den Verkaufslisten ganz oben standen dagegen nach einer Herabstufung der Bank of America-Merrill-Lynch die Aktien des Pharma- und Chemiekonzerns Merck, die 4,2 Prozent nachgaben. Die Aktien hätten sich im Vergleich zu denen von Konkurrenten außerordentlich gut entwickelt und verfügten nun nur noch über ein begrenztes Aufwärtspotenzial, hieß es zur Begründung.
Im Nebenwerteindex MDax folgten TUI-Anleger einer Verkaufsempfehlung der Deutschen Bank und drückten die Aktien des Reisekonzerns damit um 13,4 Prozent. Als Negativfaktor hätten die Deutsche-Bank-Analysten die weiter enge Verbindung mit der Rederei Hapag Lloyd hervorgehoben, zitierten Händler aus der Studie. TUI bleibe in der Rolle als Kreditgeber weiter abhängig von den Entwicklungen in der Schifffahrt.
Schlusslicht im MDax waren Arcandor, die gut 7,8 Prozent auf 70 Cent nachgaben. Bei Vossloh honorierten Anleger dagegen einen Auftrag aus China. Die Nachfrage trieb die Aktie 4,5 Prozent in die Höhe.
Im TecDax fielen Drägerwerk-Aktien um 11,7 Prozent, nachdem der Medizin- und Sicherheitstechnikkonzern seine Gewinnerwartungen deutlich heruntergeschraubt hat. Mehrere Börsianer werteten die Aussagen des Medizin- und Sicherheitstechnikkonzerns als Gewinnwarnung. "Die Aktie ist zuletzt gut gelaufen, da werden jetzt Gewinne mitgenommen", sagte ein Händler.