Höchster Schlusskurs aller Zeiten Dax nimmt 8100 wie im Flug
03.05.2013, 18:13 Uhr
Steiler Aufstieg am Nachmittag: Die Jobdaten aus den USA kamen um 14.30 Uhr (MESZ).
(Foto: REUTERS)
Die Anleger sind im Kaufrausch: Starke US-Arbeitsmarktdaten, dazu das ultra-billige Geld im Euroraum und der Mangel an alternativen Anlagenformen und fertig ist der Cocktail für ein neues Kursfeuerwerk. Der deutsche Leitindex Dax schließt auf dem höchsten Schlusskurs aller Zeiten. Auch in den USA werden neue Marken geknackt. Der Dow-Jones-Index überspringt erstmals die 15.000 Punkte.
In der Hoffnung auf einen weltweiten Konjunkturaufschwung und steigende Unternehmensgewinne haben Anleger bei Aktien am Ende der Handelswoche kräftig zugreifen lassen. Einen kräftigen Schub nach vorn gaben die überraschend starken US-Arbeitsmarktdaten.
Der Dax notierte bei Handelsschluss 2,0 Prozent höher bei 8122 Punkten. Vor der Bekanntgabe der US-Arbeitsmarktdaten hatte der Index noch bei 7.976 Punkten gelegen. Der vormalige Höchststand bei Börsenschluss war am 16. Juli 2007 mit 8105,69 Punkten erreicht worden. Der höchste Dax-Kurs im gesamten Handelsverlauf wurde mit 8151,57 Punkten ebenfalls im Juli 2007, vor der weltweiten Finanzkrise und vor der Euro-Krise, erreicht.
Der MDax verbesserte sich um knapp 1,0 Prozent auf 13.643 Punkten. Der TecDax stieg 0,9 Prozent auf 929.
Neben der Politik der Notenbanken war es vor allem eine Nachricht aus den USA, die auf bessere Zeiten für die Konjunktur und damit für die Aktiengesellschaften hoffen lässt: Mit 165.000 neugeschaffenen Stellen in den USA wurde nicht nur die Prognose von 148.000 übertroffen, auch die Daten der beiden Vormonate wurden kräftig nach oben revidiert. Die Arbeitslosenquote ging auf 7,5 von 7,6 Prozent zurück, den niedrigsten Stand seit Dezember 2008. "Vielleicht wichtiger als die aktuellen Zahlen ist die sehr starke Anhebung der Zahlen für März und Februar", sagte Omer Esiner, Chef-Marktanalyst von Commonwealth Foreign Exchange.
"Der moderate Stellenaufbau in den USA setzt sich fort", kommentierte Helaba-Analystin Viola Julien. Der Index der geleisteten Arbeitsstunden liefere mit einem Minus von 0,4 Prozent aber tendenziell eine negative Indikation für die Industrieproduktion. "Die Daten könnten insgesamt dazu beitragen, jüngste Spekulationen über eine mögliche Ausweitung der Anleihekäufe der Fed wieder zu verdrängen."
Die deutliche Marktreaktion sei auch darauf zurückzuführen, dass die Anleger nach dem schwachen ADP-Arbeitsmarktbericht vom Mittwoch zurückhaltend in die Zahlen gegangen seien, hieß es am Markt. Nun gebe es Eindeckungsbedarf.
Mangel an Anlagealternativen
Da das Geld im Euroraum so billig ist wie nie, frisst die Inflation das Geld der vorsichtigeren Sparer auf. Das Sparbuch wirft so gut wie nichts mehr ab, Staatsanleihen von Ländern mit guter Bonität wie Deutschland versprechen nur mickrige Erträge. "Was als Anlagealternative bleibt, ist der Aktienmarkt", sagt Robert Halver von der Baader Bank.
An den Börsen gehe es weiter bergauf, weil reichlich Liquidität an den Kapitalmärkten sei, ergänzt Halver: "Und die Aussicht auf steigende Zinsen existiert nicht. Im Gegenteil, eine weitere Zinssenkung ist sogar zu erwarten."
Damit scheint der Schock über das Politchaos in Italien und die Zypernkrise vorerst überwunden. Nach der Rekordrallye 2012 und dem guten Jahresstart 2013 hatten die schlechten Nachrichten aus den Euro-Krisenländern zunächst die Stimmung verdorben. Auch die US-Börsen hatten Mitte April eine Verschnaufpause eingelegt - unter anderem wegen enttäuschender Konjunkturdaten aus China und den USA. Das Bombenattentat in Boston hatte zusätzlich für Verunsicherung gesorgt.
Die DZ Bank sieht sogar noch weiter Luft nach oben. Aktien seien insbesondere im relativen Vergleich zu allen verzinslichen Anlagen immer noch günstig bewertet. Die Experten der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) sehen kurzfristig hingegen wenig Spielraum für weitere Kurssprünge. Jüngste Konjunkturdaten vor allem aus dem Euroraum seien schwächer ausgefallen als erwartet. Das habe der Hoffnung auf eine baldige Überwindung der Wachstumsschwäche einen Dämpfer versetzt.
Thyssen-Anleger setzen auf Stahlwerksverkauf
Bei den Aktien gehörten ThyssenKrupp zu den Favoriten des Tages. Sie verteuerten sich um 7,0 Prozent. Positiv wirkten sich auch die Aussagen des Konzerns zum angestrebten Verkauf der Stahlwerke in Übersee aus. Thyssen befindet sich nach eigenen Angaben in intensiven Verhandlungen. Am Vortag hatten noch Spekulationen über eine Verschiebung der Pläne die Runde gemacht - die Aktien schlossen daraufhin 2,6 Prozent schwächer. Aus Sicht von UBS-Analyst Carsten Riek ist die Angst vor einem Scheitern des Deals überzogen. "Wir erwarten, dass der Verkauf bald unter Dach und Fach ist", schreibt der Experte in einem Kommentar. Die Aktie biete derzeit eine gute Gelegenheit zum Wiedereinstieg. Der Analyst stufte die Titel hoch auf "Buy" von "Sell".
Nach dem Gewinnanstieg im ersten Quartal griffen Anleger bei Adidas zu. Die Aktien stiegen im Dax um 7,5 Prozent auf ein Rekordhoch von 85,06 Euro. Die Quartalsergebnisse lieferten eine solide Grundlage für den Rest des Jahres, schrieb Ingbert Faust, Analyst bei Equinet. Für DZ-Bank-Analyst Herbert Sturm bleibt die Adidas-Aktie "unsere Top-Empfehlung im Konsumsektor". Die wichtigste Nachricht sei, dass die Adidas-Gruppe trotz des schwierigen Marktumfeldes sowohl die Rohertragsmarge als auch die Ebit-Marge deutlich habe steigern können.
Konkurrent Puma notierte im MDax 0,9 Prozent fester. Am Ende blieben kaum Werte im roten Bereich zurück. Siemens landeten am Schluss mit ebenfalls knapp 1,0 Prozent im Plus, Bayer sogar mit knapp 2,0 Prozent.
Im MDax notierten Hugo Boss 6,1 Prozent im Minus. Der Finanzinvestor Permira reduziert seinen Anteil am Modeunternehmen - die Permira-Tochter Red & Black Holding platziert in einem beschleunigten Bookbuilding-Verfahren sieben Millionen Boss-Stammaktien.
Sky im Himmel
Sehr gut kamen die Zahlen von Sky Deutschland im Handel an. "Damit setzt sich nahtlos die Entwicklung fort, die sich gestern auch schon bei BSkyB in England gezeigt hat", sagt ein Händler. Wie dort habe auch Sky mit steigenden Kundenzahlen und einem leicht besseren Umsatz pro Kunde (ARPU) aufwarten können. Er lag mit 33,15 Euro über der Analystenerwartung von 33,10 Euro. "Vor allem der Sprung in den operativen Gewinnbereich ist eine handfeste Überraschung", so ein anderer Händler. Wenn er mit 5,8 Mio. Euro auch klein ausgefallen sei, zeige er jedoch einen gesunden Trend. Die Anleger honorierten die Zahlen mit Aufschlägen von 7,5 Prozent.
Quelle: ntv.de, ddi/rts/DJ/dpa