Dubai schockiert Anleger Dax knickt ein
26.11.2009, 18:10 UhrZweifel an der Zahlungsfähigkeit des einstigen Boom-Emirats Dubai haben Anleger zu Aktienverkäufen veranlasst. Der Dax rutschte 3,3 Prozent auf 5614 Punkte ab, kein Dax-Wert schaffte es auf die Plusseite. Der EuroStoxx50 der 50 größten börsennotierten Unternehmen der Euro-Zone verlor 3,1 Prozent auf 2807 Zähler. Die US-Börsen waren wegen des Feiertages Thanksgiving geschlossen.
Dubai hatte am Mittwochnachmittag um Zahlungsaufschub für zwei Staatskonzerne gebeten, die unter anderem Bauherren der berühmten Insel in Palmenform vor der Küste des Teilstaats der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) sind. "Bei einigen Anlegern herrscht offenbar die Furcht, dass die Araber ihre Aktienpositionen auflösen, um sich Liquidität zu beschaffen", sagte ein Händler. "Man fragt sich, was noch kommen kann", sagte ein anderer Börsianer. Zu den größten Verlierern zählen die Finanzwerte und die Papiere von Unternehmen, an denen Investoren aus den VAE und anderen arabischen Ländern beteiligt sind.
Aus Furcht vor Ausfällen von Engagements in den Golfstaaten standen Bankaktien auf den Verkaufszetteln ganz oben. Der europäische Stoxx-Branchenindex büßte fünf Prozent ein. In Zürich verloren die Papiere der UBS, bei denen sich ein bislang geheim gehaltener Investor aus dem arabischen Raum eingekauft hatte, 4,7 Prozent. Die Papiere des Konkurrenten Credit Suisse verloren 5,4 Prozent. An Credit Suisse ist das Emirat Katar beteiligt, das allerdings nicht zu den VAE gehört.
In Frankfurt fielen die Aktien der Deutschen Bank um 6,4 Prozent und waren damit Dax-Schlusslicht. Einer mit der Angelegenheit vertrauten Person zufolge ist das Institut allerdings bei dem in Zahlungsschwierigkeiten geratenen Unternehmen Dubai World nicht engagiert. Commerzbank-Aktien, die bereits am Mittwoch zu den schwächsten Dax-Werten gezählt hatten, gaben 3,9 Prozent nach. Auch die Aktien britischer Großbanken kamen unter die Räder: Barclays, HSBC und Royal Bank of Scotland stürzten bis zu acht Prozent ab.
Unter Druck standen auch die Papiere von deutschen Autobauern mit arabischen Anteilseignern. Besonders hart traf es die Vorzugsaktien von Porsche: Sie brachen fünf Prozent ein. Katar hält zehn Prozent der Stammaktien des Zuffenhausener Sportwagenbauers. Außerdem ist das Emirat mit rund sieben Prozent an der künftigen Porsche-Mutter Volkswagen beteiligt. Dieser Anteil soll auf bis zu 17 Prozent ausgebaut werden. Die Stämme und die Vorzüge des Wolfsburger Konzerns rutschten jeweils mehr als sechs Prozent ab. Die Papiere von Daimler verbuchten ein Minus 4,5 Prozent. Der vom VAE-Emirat Abu Dhabi kontrollierte Fonds Aabar und das eigenständige Emirat Kuwait halten insgesamt 17 Prozent an dem Autobauer. BMW wurden 2,7 Prozent mit nach unten gezogen.
Ein Aktienhändler warnte allerdings davor, die Kursverluste an den Börsen überzubewerten: "Dies ist eine längst überfällige Korrektur. Die Spekulationen um Dubai sind für viele nur der Anlass, um Gewinne mitzunehmen. Selbst wenn der Dax in den kommenden Tagen bis auf 5.500 Punkte fällt, ist das alles andere als dramatisch." Zudem seien die Handelsumsätze wegen des amerikanischen Thanksgiving-Feiertages gering.
Der Verkaufsdruck wurde Börsianern zufolge von charttechnischen Verkaufssignalen verstärkt. "Aus technischer Sicht hat der Anstieg in den letzten Tagen wegen der geringen Umsätze auf wackeligen Beinen gestanden", erklärte Helaba-Analyst Christian Schmidt.
Vom Thanksgiving-Wochenende erhofften sich viele Anleger unterdessen neue Hinweise auf die Ausgabenfreude der für eine Erholung der US-Wirtschaft besonders wichtigen Verbraucher. Sehr genau dürften die Börsianer die Geschäfte des Einzelhandels analysieren, denn am Freitag nach Thanksgiving fällt traditionell in den USA der Startschuss für das Weihnachtsgeschäft. Da dann der Einzelhandel angesichts des Kaufrausches vieler Konsumenten eine gute Chance hat, schwarze - statt rote - Zahlen zu schreiben, sprechen Amerikaner vom "Black Friday".
Auch Bauwerte standen unter Druck, da Verzögerungen von Bauprojekte am Golf befürchtet werden. In Mailand sanken die Titel des größten italienischen Baukonzerns Impregilo um 4,7 Prozent. Im MDax verloren Bilfinger Berger und Hochtief bis zu 5,2 Prozent.
Im Fokus standen mit einem Minus von 3,6 Prozent die Aktien von K+S, nachdem der Düngemittel- und Salzkonzern am Vorabend eine Kapitalerhöhung angekündigt hatte. Ein Händler sagte allerdings, grundsätzlich bewerte er die Kapitalerhöhung positiv: "Sie hat schon so lange im Raum gestanden, dass einige froh sein werden, dass sie nun endlich kommt."
Quelle: ntv.de, sla/dpa/rts