Frage & Antwort

Frage & Antwort Warum essen Chinesen mit Stäbchen?

Essen gilt in China als soziales Ereignis. Benimmregel: Fällt mal ein Stäbchen runter, tauscht man gleich das ganze Paar aus.

Essen gilt in China als soziales Ereignis. Benimmregel: Fällt mal ein Stäbchen runter, tauscht man gleich das ganze Paar aus.

(Foto: REUTERS)

Als wir im China-Restaurant waren, hat mich mein Enkelkind gefragt, wieso Chinesen Stäbchen benutzen. Ja, warum eigentlich? (fragt Mechthild P. aus Meckenheim)

Natürlich ist China nicht das einzige Land, in dem man zubereitete Nahrung – sofern es sich nicht um Suppe handelt – mit Essstäbchen zu sich nimmt. Auch in Japan, Vietnam und Korea verwendet man diese Art Besteck. Die Länder wurden kulturell stark von China beeinflusst. Im "Reich der Mitte" liegt tatsächlich der Ursprung der Stäbchen.

Insgesamt speisen rund 1,2 Milliarden Menschen auf der Welt mit den länglichen Hölzern. Messer und Gabel benutzen hingegen nur rund 900 Millionen als Tafelbesteck. Eine Selbstverständlichkeit sind diese Esswerkzeuge am Tisch also nicht. Die meisten Kulturen verzichten sogar auf das eine wie auf das andere: Mehr als 4 Milliarden Menschen, zum Beispiel in Afrika, der arabischen Halbinsel und Indien, essen schlicht und ergreifend mit den Fingern – das aber oft nach strengen Regeln.

Europa aß mit den Händen

Auch in Mitteleuropa waren neben dem Löffel (dem urtümlichsten Essgerät) lange Zeit die Hände das Mittel der Wahl, wenn es um die Nahrungszufuhr ging. Zwar gab es Messer, doch die gehörten nicht zum gedeckten Tisch. Sie dienten zum Zerteilen in Portionen, gegessen wurde dann aber mit den Fingern. Von Gabeln hielt man bei Tisch zunächst gar nichts. Im Mittelalter betrachtete man sie als Symbol des Teufels, und noch 1518 soll Luther gesagt haben: "Gott behüte mich vor Gäbelchen." Auch Louis XIV., der französische Sonnenkönig, griff am liebsten mit den Fingern ins Ragout – im 17. Jahrhundert.

Die durchgängige gleichzeitige Benutzung von Messer und Gabel setzte sich in Mitteleuropa erst im 19. Jahrhundert durch, und zwar zunächst an der bürgerlichen Tafel. So lange dauerte es, bis man sich von den Fingern als Esswerkzeug verabschiedet hatte und die Gabel schließlich gängige Mode geworden war.

Stäbchen haben Tradition

In China war das anders. Auch dort verwendete man selbstverständlich Messer, allerdings vorrangig vor dem Kochen. Was im Topf landete, hatte bereits mundgerechte Größe. Das war nicht nur praktisch, sondern auch ökonomisch, denn Brennholz war knapp. Zutaten, die schon klein geschnitten waren, wurden schneller gar, und ihre Zubereitung verbrauchte weniger Energie.

So brodelte das Essen im Bronzetopf vor sich hin. War es fertig, bediente man sich gemeinsam direkt aus dem für Finger viel zu heißen Kochgefäß. Wie? Indem man die einzelnen Happen mit langen Zweigen herausfischte. So also entstanden die Stäbchen. Seit mehr als 3000 Jahren sind sie gute chinesische Sitte. Meist wurden sie aus Holz oder Bambus gefertigt; beide Materialien sind hitzebeständig und geschmacksneutral. Eine Gabel am Tisch war und blieb überflüssig, ebenso das Messer. Letzteres wurde an der chinesischen Tafel oft als Bedrohung angesehen. Man nannte es barbarisch und verband es mit derben Kriegern.

Übrigens machen es sich auch geübte Stäbchen-Nutzer gar nicht immer so schwer, jeden einzelnen Bissen zwischen die Hölzer zu klemmen. Oft genug bringen sie Mund und Schale nah zusammen und benutzen die Stäbchen einfach als Schaufel. Doch wer geschickt mit Stäbchen umgehen kann, trainiert damit auch sein Gehirn. Dieses muss nämlich die Tätigkeit von mehr als 30 Muskeln in Hand, Arm und Schulter aufeinander abstimmen, damit das Mahl gelingen kann. - Warum eigentlich, auch so ließe sich die Frage formulieren, essen wir mit Messer und Gabel?

Quelle: ntv.de

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