Frage & Antwort, Nr. 274 Woher kommt die Prozesskleidung?
14.05.2013, 07:21 Uhr
Adrett gekleidet und mit frisch gefärbtem Haar erschien Beate Zschäpe zum ersten Tag im NSU-Prozess.
(Foto: dpa)
In für die Öffentlichkeit interessanten Prozessen tragen die Angeklagten oftmals sehr gepflegte Kleidung, zuletzt Frau Zschäpe. Ich frage mich: Wie kommen Angeklagte, die in Untersuchungshaft sitzen, zu einem solchen Outfit? (fragt Antonia K. aus Hannover)
"Prinzipiell ist das, was Angeklagte während des Prozesses tragen, Privatkleidung", sagt Nicole Friedrich, Mitglied im Vorstand der Vereinigung der Berliner Strafverteidiger. "Sie wird meistens durch Verwandte oder Bekannte in die Haftanstalt gebracht", so die Rechtsanwältin.
Sowohl in der Haftanstalt als auch während des Prozesses können Angeklagte, die in Untersuchungshaft sitzen, ihre Privatkleidung tragen. Das Tragen von Anstaltskleidung kann nur dann von ihnen verlangt werden, wenn sie keine Möglichkeit haben, ihre Kleidung zu tauschen oder reinigen zu lassen. Auch wenn die Kleidung, in der der Gefangene verhaftet worden ist, ungeeignet ist und niemand da ist, der passende Privatkleider bringen kann, wird auf Anstaltskleidung zurückgegriffen. Das ist eher die Ausnahme. Verurteilte Straftäter aber haben keine Wahl: Sie müssen während ihrer Haft Anstaltskleidung anziehen.
Ordentlich, aber nicht verkleidet
Sowohl Kleidung als auch andere Dinge dürfen dem Untersuchungsgefangenen nicht direkt übergeben werden. Sie sind zunächst an speziellen Stellen in den Haftanstalten abzugeben. "Dort werden alle abgegebenen Dinge, auch mit der Post geschickte Pakete, genau kontrolliert, bevor sie dem Gefangenen ausgehändigt werden", erklärt Friedrich. Für Inhalt, Größe und Anzahl von per Post gesendeten Paketen halten die Justizvollzugsanstalten Merkblätter bereit.
Strafverteidiger selbst dürfen Gefangenen in Untersuchungshaft keine Kleidung mitbringen. Allerdings dürfen sie organisieren, dass der Gefangene zum Prozess dezent und ordentlich anzogen erscheint. "Ein Anzug oder ein Kostüm ist keine Pflicht. Ich persönlich rate meinen Mandanten, ordentlich zu kommen, aber sich nicht zu verkleiden. Jemand, der nie Anzug trägt, sollte damit auch nicht während eines Prozesses beginnen", so Friedrich weiter.
Bestellungen von Kleidung über Internet oder Kataloge sind für Untersuchungsgefangene nicht möglich. Zudem können sie weder über ihre Konten noch über Bargeld verfügen. Normale Körperhygiene wie Duschen, Rasieren, Haare waschen, schneiden und sogar färben werden im Untersuchungsgefängnis in bestimmten Zeitabständen gestattet.
Übrigens: Saddam Hussein wurde für alle Prozesstage von einem kurdischen Maßschneider mit vier eleganten Anzügen ausgestattet. Das Label von Recep Cesur wurde jedes Mal von unzähligen Kameras eingefangen, wenn der Ex-Diktator in die Tasche seines Sakkos griff. Das verschaffte Cesur nicht nur 470 Dollar pro Anzug, die von der irakischen Regierung bezahlt wurden, sondern auch noch jede Menge neuer Aufträge.
Quelle: ntv.de