Panorama

Sechs Monate nach WinnendenAmok-Alarmsystem vorgeschlagen

30.09.2009, 21:07 Uhr

Ein Appell an die Eltern und Tipps für mehr Sicherheit: Ein halbes Jahr nach dem Amoklauf von Winnenden im März stellen zwei Gremien ihre Ergebnisse vor.

Der Expertenkreis Amok schlägt Alarmsysteme und sichernde Drehknöpfe in Schulen, Funkruf-Geräte (Pager) für Schulleiter und missbrauchssichere Brandmelder vor. Die Geräte gehörten zu den insgesamt 83 Empfehlungen des Abschlussberichts, den das Gremium vorlegte. Das Aktionsbündnis Amoklauf forderte unterdessen eine konsequentere Erziehung und ein Einmischen der Eltern in das Leben ihrer Kinder.

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Kerzen und Blumen liegen zum Gedenken an die Opfer des Amoklaufs vor der Albertville Realschule in Winnenden. (Archivbild) (Foto: AP)

"Erziehung bedeutet den Abschied von einem grenzenlosen Liberalismus, der nichts anderes ist als die Tarnkappe der Gleichgültigkeit", sagte die Sprecherin des Bündnisses, Gisela Mayer, bei einer Tagung in Bad Boll. Mayer hatte ihre Tochter, die als Lehrerin an der Albertville-Realschule arbeitete, bei dem Amoklauf verloren. Am 11. März hatte ein 17 Jahre alter Schüler mit einer großkalibrigen Pistole binnen weniger Stunden 15 Menschen und danach sich selbst erschossen.

"Grenzen des Haushalts nicht verkennen"

Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger bezeichnete die Expertenvorschläge als "maßvoll". Sie würden sich im Haushalt wiederfinden. "Allerdings wird man die Grenzen des Haushalts nicht verkennen dürfen." Kultusminister Helmut Rau bezifferte allein die Kosten für die Ausrüstung der Schulen mit Türknäufen, die sich von innen verriegeln lassen, auf 30 bis 50 Millionen Euro. Es gebe rund 100.000 Schulräume im Land.

In den Schulen im Südwesten würden bislang nicht einmal die elementaren Grundsätze für Sicherheit befolgt, kritisierte der Leiter der Abteilung für Sicherheit im Karlsruher Unternehmen b.i.g., Steffen Weiß. "Mit einfachsten Mitteln können Schulen sicherer gemacht werden." Er plädierte für Zutritts-Ausweise an Schulen, klare Hausordnungen und regelmäßige Taschenkontrollen. "Von einem oft beschworenen angeblichen Hochsicherheitstrakt sind wir dann immer noch weit entfernt."

Der Expertenkreis empfahl zudem, von Waffenbesitzern eine regelmäßige Gebühr analog dem Auto-TÜV zu fordern. "Die Verfügbarkeit von Waffen ist ein Risikofaktor für Amoktaten", sagte der Vorsitzende des Expertenkreises, der frühere Stuttgarter Regierungspräsident Udo Andriof. Deutschlandweit gebe es rund 7 Millionen registrierte und 20 Millionen illegale Waffen.

Quelle: dpa