Panorama

Metrojet-Absturz über dem Sinai Blieb nach Tailstrike ein Schaden zurück?

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Zum Absturz der russischen Passagiermaschine über Ägypten kursieren die wildesten Überlegungen. Nicht einmal Luftfahrtexperten sind sich einig. Könnte ein Aufprall mit dem Heck auf die Landebahn vor 14 Jahren eine Rolle spielen?

Warum stürzte die Metrojet-Maschine über dem Sinai ab? Wie bei jedem Flugzeugunglück kursieren etliche Hypothesen, wie es gewesen sein könnte. Die Arbeit der Ermittler dauert Wochen oder Monate, so lange wollen viele nicht warten. Doch gesichert ist auch zwei Tage nach dem Absturz aus rund 9000 Metern Höhe nichts. Die Theorien reichen von einem gezielten Terroranschlag – durch Abschuss oder eine Bombe an Bord – bis zu technischem oder menschlichem Versagen.

Der IS-Ableger im Sinai behauptete gleich am Samstag, die Maschine abgeschossen zu haben, was sehr an den Abschuss von MH17 über der Ostukraine im Sommer 2014 erinnerte. Der Chef der russischen Airline, Alexander Smirnoff, geht von einer Außeneinwirkung aus, ohne dass er das Wort Abschuss in den Mund nahm. Das hält Luftfahrtexperte Cordt Schellenberg jedoch noch nicht für wahrscheinlicher als irgendeinen anderen Hergang. "Woher weiß der Mann das?" Nicht umsonst führten Fachleute eine Absturzuntersuchung durch und nicht gerade der betroffene Airlinechef. "Im Moment kann man nichts ausschließen. Jeder Flugunfall ist einzigartig. Flugunfalluntersuchungen müssen alles in Betracht ziehen." Doch das brauche Zeit, sagte Schellenberg n-tv.de.

Etwa eine Woche dürfte laut Schellenberg die Auswertung der Flugschreiber dauern. Dann könnte man möglicherweise schon Dinge ausschließen. Die Theorie eines Abschusses durch den IS-Ableger auf dem Sinai halten bislang die meisten Experten für sehr unwahrscheinlich. Der IS verfügt nur über mobile Boden-Luft-Raketen, sogenannte Manpads, die maximal eine Höhe von 5000 Meter erreichen. "Bei einer Bombe oder einer Rakete können Ermittler an der Biegung der Wrackteile schon viel erkennen. Bei einer Bombe sind sie nach außen gebogen und bei einer Rakete nach innen", sagt Schellenberg.

Beide Varianten stehen im Raum, doch seriös möchte sich dazu niemand äußern. Die Piloten hatten nach Angaben von Airlinechef Smirnow keinen Notruf abgesetzt. Sie hätten komplett die Kontrolle über das Flugzeug verloren, das sofort abgestürzt sei.

Blieben nach dem "Tailstrike" Risse im Rumpf zurück?

Der Hamburger Luftfahrtexperte Heinrich Großbongardt dagegen geht von einer anderen Information aus, wonach die Besatzung ein technisches Versagen gemeldet habe. "Es gab irgendwelche Probleme, irgendetwas ist geschehen, sodass die Steuerung oder die Hydraulik nicht mehr bedienbar war. Dann ist die Maschine vom Radar verschwunden", sagte er n-tv.de. Dies spreche gegen die Behauptung eines äußeren Einwirkens.

Für denkbar hält Großbongardt indes, dass ein Schaden an der Rumpfstruktur des Flugzeugs für das Unglück verantwortlich sein könnte. "Im Moment ist das aus meiner Sicht das plausibelste Szenario." Im November 2001 war der Airbus A321-231 bei der Landung in Kairo - damals als Teil der Flotte von Middle Eastern Airlines aus Beirut kommend - mit dem Heck auf die Landebahn aufgeschlagen. Fachleute sprechen hier von einem Tailstrike. "Da biegt sich das Flugzeug einmal ganz kräftig, wo es sich eigentlich nicht biegen soll", erklärte Großbongardt. Sollten bei der Reparatur Fehler gemacht worden sein, so könnten sich die jetzt gerächt haben.

Cordt Schellenberg findet auch diese Hypothese derzeit zu gewagt. "Beim Absturz der Germanwings-Maschine im März hat auch keiner zwei Tage danach gesagt: 'Ich glaube, es war der Kopilot'. Es kann immer ein Zusammenwirken aus menschlichem und technischem Versagen geben - aber wie genau, kann nur die Unfallauswertung klären."

Quelle: ntv.de

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