Europa kämpft mit "Daisy" Deutschland räumt sich frei
11.01.2010, 18:55 UhrIn Deutschland beginnen die Aufräumarbeiten nach den Schneemassen des Sturmtiefs "Daisy". Auf der Ostseeinsel Fehmarn allerdings verschärft sich die Lage nach neuen Schneefällen wieder. Auch andernorts in Europa kämpfen die Menschen noch immer mit Eis und Kälte.
Deutschland kehrt nach dem Schneechaos der vergangenen Tage allmählich zur Normalität zurück. Manche Nachbarländer kämpfen aber noch weiter mit den Folgen des Sturmtiefs "Daisy". In Polen waren noch rund hunderttausend Menschen ohne Strom, in Tschechien herrschte in einigen Regionen Verkehrsnotstand und in Frankreich half die Armee, Eingeschneite zu befreien. Madrid und andere spanische Städte versanken im Verkehrschaos. In Großbritannien entspannte sich dagegen die Lage etwas.
Auf den deutschen Straßen, Schienen und Flughäfen hat sich die Lage weitgehend normalisiert, obwohl das Land von den Küsten bis zu den Alpen von Schnee bedeckt ist - erstmals seit dem Winter 1996/97 ist ganz Deutschland weiß. Vor allem im Nordosten Deutschlands sind einige Straßen noch gesperrt und Bahn-Strecken unterbrochen.
Nach dem Abzug von Tief "Daisy" bringt jetzt Hoch "Bob" klirrende Kälte und lässt den Schnee gefrieren. Für Klimaexperten besteht kein Grund zur Aufregung: Das aktuelle Wetter sei weder ein Anzeichen für die nächste Eiszeit noch für ein Ende der globalen Erwärmung.
Keine Entwarnung auf Fehmarn
Die Lage auf der Ostseeinsel Fehmarn hat sich am Montagabend nach anhaltenden Schneefällen wieder verschärft. Bürgermeister Otto-Uwe Schmiedt sagte, er befürchte, dass über Nacht wieder etliche Straßen unpassierbar werden könnten. "Ich weiß nicht, wie das morgen früh aussieht. Ich habe ein ganz schlechtes Gefühl."
Bei starkem Ostwind reichten fünf Zentimeter Schnee, um die Straßen wieder zuzuwehen. Alle Kräfte seien weiter im Einsatz, sagte Schmiedt. "Das kostet Geld ohne Ende."

Durchatmen auf Fehmarn: Die Orte sind wieder erreichbar, und der Deich hält mit der Verstärkung von Sandsäcken.
(Foto: dpa)
Den ganzen Tag über hatten Helfer mit schwerem Gerät und Schneefräsen die Wege zu eingeschneiten Ortschaften freigemacht. Bis Mittag waren die letzten beiden eingeschlossenen Dörfer auf der Ostseeinsel wieder zugänglich. Die Fehmarner hätten alles gut verkraftet. "Wir sind harte Insulaner", sagte Schmiedt. Bis zu 3,5 Meter hohe Schneeverwehungen haben sich an den Zufahrtsstraßen aufgetürmt. "Die sehen aus wie Eiskanäle einer Bobrodelbahn. Es wird noch Tage und Wochen dauern, bis die Normalität wiederhergestellt ist", so Schmiedt.
Noch vereinzelte Probleme
Einige kleine Orte im Norden der Insel Rügen und im Bereich Anklam sind nach wie vor nicht erreichbar. In Teilen Mecklenburg-Vorpommerns, Schleswig-Holsteins und Niedersachsens hatten tausende Schüler einen freien Tag. Am Dienstag müssen die meisten aber wieder zur Schule.

Ein Zug der Deutschen Bahn steckte bei Anklam, Mecklenburg-Vorpommern, auf der Strecke von Stralsund nach Berlin in einer Schneewehe fest.
(Foto: dpa)
In Mecklenburg-Vorpommern machte den Einsatzkräften am Montag der anhaltende Schneefall Sorgen. Stetig rieselte das Weiß auf gerade freigeschobene Straßen. Die Lage entspannte sich hier nur langsam. Die Autobahn A 20 Richtung Lübeck sollte voraussichtlich bis zum Montagabend gesperrt bleiben, hieß es vom Krisenstab im Schweriner Innenministerium. Die Gegenrichtung ist wieder einspurig befahrbar. Auch mehrere Bundes-, Landes- und Kreisstraßen waren am Montag noch oder erneut gesperrt. Im Bahnverkehr lief es ebenfalls noch nicht wieder rund, weil etliche Strecken gestört waren - darunter die Intercity-Linie Berlin-Greifswald-Stralsund.
Auf Deutschlands größtem Flughafen in Frankfurt kam es nur noch zu einzelnen Ausfällen und Verspätungen. Ursache waren nach Angaben der Fraport Probleme auf anderen Flughäfen, etwa in London und Warschau. Nach dem tagelangen Winter-Chaos in Großbritannien gab es dort zwar immer noch Verkehrsbehinderungen, aber die meisten Straßen waren wieder frei. Nach und nach wurden auch mehr Zugverbindungen sowie Flüge wieder aufgenommen. Dennoch warnten Fluggesellschaften wie British Airways vor Verspätungen. Auch der Eurostar fuhr nach der Panne von vergangener Woche immer noch eingeschränkt.
Stromausfälle in Polen
In Polen haben die Schneemassen zahlreiche Strommasten beschädigt, auch waren Leitungen gerissen. Am schlimmsten ist die Lage in Schlesien im Süden des Landes, wo 65.000 Haushalte teilweise seit Samstag keine Elektrizität haben. Ein Kindergarten und ein Supermarkt mussten gesperrt werden, weil ihre Dächer unter der Schneelast zusammenzubrechen drohten. Das Dach einer leeren Eishalle brach bereits ein. Unter den Folgen des Wintereinbruchs leiden auch zehntausende Bahnpassagiere. Wegen Schneeverwehungen kam es auch im tschechischen Zugverkehr teilweise zu mehrstündigen Verspätungen, von denen auch die Verbindungen nach Deutschland, Österreich und in die Slowakei betroffen waren.
In der spanischen Hauptstadt saßen auf dem Großflughafen Barajas am Montag Tausende von Fluggästen fest, nachdem am Morgen 57 Flüge abgesagt worden waren. An den Schulen Madrids fiel der Unterricht aus. Die Nordhälfte der Iberischen Halbinsel lag am Montag zu weiten Teilen unter einer Schneedecke. Zahllose Fernstraßen und Bergpässe waren wegen Schnee- und Eisglätte gesperrt worden. In Frankreich waren im Südosten noch etwa 2400 Haushalte ohne Strom. Im Département Drôme dürfen Schul- und Reisebusse nicht mehr auf die Straße. Ansonsten hat sich die Lage in Frankreich beruhigt. Die Bewohner im Norden Albaniens kämpften dagegen auch am Montag gegen die Überschwemmungen, die zehn Tage andauernde Regenfälle verursacht haben. Tausende Häuser stehen dort unter Wasser.
Eine neue Kältewelle zieht über weite Teile Chinas. Dort sollen die Temperaturen in den nächsten Tagen weiter fallen - im Nordosten zum Beispiel auf mehr als minus 30 Grad. Selbst in Shanghai, wo es nicht einmal Heizungen gibt, schneite es am Montag. Mehrere südliche Provinzen meldeten einen Rekordverbrauch an Energie, weil die Menschen mit Klimaanlagen und Heizgeräten die Wohnungen warm halten. Die Stromversorgung für Industriebetriebe wurde weiter rationiert.
Quelle: ntv.de, dpa