Panorama

"Irgendwie ist alles noch da" Hoffnung für Kölner Archiv

Über 11.000 Tonnen Schutt mussten entsorgt werden.

Über 11.000 Tonnen Schutt mussten entsorgt werden.

(Foto: dpa)

Beim Einsturz des Kölner Stadtarchivs vor drei Monaten ist so gut wie nichts völlig verloren gegangen. "Es ist sensationell, dass alles noch irgendwie da ist", sagte die Leiterin des Archivs, Bettina Schmidt-Czaia. Der Zustand des Materials sei zwar sehr unterschiedlich, aber nur weniger als ein Viertel sei zerschnipselt, und auch hier bestehe Hoffnung: So wie einst die zerschredderten Stasi-Akten sollen auch die Archiv-Schnipsel wieder zusammengesetzt werden, und zwar mit Hilfe einer eigens dafür entwickelten Software. Die Restaurierung des gesamten Materials kann allerdings 30 Jahre dauern - oder länger.

Fast alles geborgen

Bettina Schmidt-Czaia: "Wir wollen alles."

Bettina Schmidt-Czaia: "Wir wollen alles."

(Foto: dpa)

85 Prozent des Gesamtbestandes sind mittlerweile geborgen. Die restlichen 15 Prozent liegen in einer Baugrube der U-Bahn im Grundwasser. Die Feuerwehr prüft zurzeit, wie dieses Material am Besten hoch geholt werden kann. "Wir werden das nicht aufgeben", sagte Schmidt-Czaia. "Wir brauchen alles, wir fordern alles." Im übrigen benötige das Archiv vor allem eines: "Geld, Geld, Geld." Es gehe um "einen hohen dreistelligen Millionenbetrag". Der Bund, das Land und die Stadt seien in der Pflicht, vielleicht könne man auch bei der EU Mittel loseisen.

Neubau dauert noch

Ein neuer Archivbau wird nach Schätzungen fünf bis sieben Jahre auf sich warten lassen - Schmidt-Czaia fordert hier eine unverzügliche Entscheidung der Stadt noch vor der Kommunalwahl am 30. August: "Es muss hier Vernunft her!" Für die Zeit bis zur Fertigstellung wünscht sich Schmidt-Czaia ein provisorisches Archiv mit Besucherzentrum und Lesesaal in der Innenstadt.

Große Hilfsbereitschaft

So furchtbar der Einsturz auch war, für die Archivare hat er nach Schmidt-Czaias Erfahrung auch sein Gutes gehabt: "Archivare aus der ganzen Republik schreiben mir, dass sie bei ihrer Verwaltung jetzt ganz anderes Gehör finden." Plötzlich habe die Öffentlichkeit erkannt, welche Schätze in den Archiven schlummerten. "Das hätte man ohne den Einsturz nie gehabt - wobei mir der Preis natürlich zu hoch ist."

Positiv sei vor allem auch die große Hilfsbereitschaft. Mittlerweile haben 1500 Restauratoren, Archivare, Wissenschaftler, Studenten und andere Freiwillige mitgeholfen. Besonders intensiv sei die Zusammenarbeit mit den benachbarten Niederländern und Belgiern: "Die Niederländer haben angeboten, die Hanse-Bestände zu restaurieren."

Bei dem Einsturz des Stadtarchivs und zweier benachbarter Wohnhäuser waren am 3. März zwei junge Männer getötet worden. Ein Wassereinbruch in die U-Bahnbaustelle am Stadtarchiv gilt als wahrscheinlichste Unglücksursache.

Quelle: ntv.de, dpa

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