Panorama

Die Bahn rollt an Immer mehr Züge fahren

Der bundesweite Bahnverkehr ist nach dem Orkan "Kyrill" nur schleppend wieder angelaufen. Wegen zerstörter oder blockierter Gleisanlagen rechnete die Bahn damit, dass auch an diesem Samstag mancherorts noch Aufräumarbeiten nötig sind.

Schon am Freitag waren alle Kräfte im Einsatz, um Oberleitungen zu reparieren und Bäume von den Schienen zu räumen. Der Berliner Hauptbahnhof, ein wichtiger Knotenpunkt, konnte erst am Nachmittag wieder öffnen, nachdem in der Sturmnacht ein tonnenschwerer Stahlträger von der Fassade gestürzt war. Während des Orkans hatte die Bahn am Donnerstagabend erstmals in ihrer Geschichte in fast ganz Deutschland den Verkehr eingestellt. Das Ausmaß des Schadens dürfte in die Millionen gehen.

Etliche Reisende mussten am Freitag - einem Hauptreisetag für Wochenendpendler - Geduld aufbringen. Im Nahverkehr nahmen Züge und S-Bahnen bereits am Morgen vielerorts den Betrieb wieder auf, es kam aber teils zu Verspätungen. Der Fernverkehr normalisierte sich aber nur zögerlich.

Bis in den Nachmittag gab es laut Bahn Einschränkungen und Sperrungen in Teilen von Berlin und Brandenburg, in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie in Westfalen und in Bayern. Auf immer mehr Hauptverbindungen konnten aber Züge fahren. Dazu gehörten Strecken von Hamburg nach Berlin und Hannover, von Frankfurt/Main nach Köln, Kassel und Karlsruhe oder Verbindungen wie München-Stuttgart und Dortmund-Münster.

Die Strecke Berlin-Leipzig blieb dagegen zunächst unterbrochen. Dort seien auf einem langen Abschnitt die Oberleitungen zerstört, der Schaden ist nach Angaben der Bahn nicht so schnell zu beheben, sagte eine Bahn-Sprecherin.

Nur ein Zug blieb stecken

Konzernchef Hartmut Mehdorn sagte, insgesamt habe die Bahn den Sturm "ohne jeden Unfall" im Zugbetrieb bewältigt. Der Verkehr sei rechtzeitig heruntergefahren worden. Daher habe nur ein Zug seinen Bahnhof nicht mehr erreichen können, sei dann aber bald abgeschleppt worden. "Wir wollten nicht, dass die Fahrgäste auf der Strecke gefangen sind", sagte Mehdorn. Das komplette Ausmaß der Verwüstungen sei jedoch nicht voraussehbar gewesen. "Wir sind keine Propheten."

Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) lobte die Mitarbeiter der Bahn, die auf die Situation "schnell, flexibel und professionell" reagiert hätten. Die Organisation habe "nahezu perfekt geklappt". Der Fahrgastverband Pro Bahn kritisierte dagegen, viele Reisende hätten sich allein gelassen gefühlt. "Es gab viel zu wenig Informationen, wie und wann es nach dem Verkehrsstopp weitergeht", sagte der Vorsitzende Karl-Peter Naumann dem "Tagesspiegel".

Mehdorn sagte dagegen, die Betreuung der Passagiere in den Bahnhöfen habe gut geklappt. Notunterkünfte und Hotels hätten zur Verfügung gestanden, das Bahnpersonal sei aus dem Feierabend zurückgerufen worden: "Am Ende der Nacht waren mehr Bahnkollegen auf den Bahnhöfen als Fahrgäste", sagte Mehdorn.

Der Berliner Hauptbahnhof wurde am Nachmittag nach 14-stündiger Sperrung wieder in Betrieb genommen. Bahn und Bundespolizei hatten die erst im Mai eröffnete Station nahe dem Regierungsviertel zur Sicherheit abgeriegelt, nachdem sich in der Nacht ein zwei Tonnen schwerer Stahlträger von der Außenfassade gelöst hatte. Verletzt wurde niemand. Die Ursache konnte die Bahn vorerst nicht erklären. Architekt und Statiker müssten dies zunächst begutachten.

Wie viele Fahrgäste von Behinderungen betroffen waren, war zunächst unklar. Normalerweise fahren täglich rund 4,5 Millionen Reisende mit der Bahn. Bei Entschädigungen wolle sich der Konzern kulant zeigen, auch wenn ein Orkan höhere Gewalt sei, sagte Mehdorn. Es könnten aber "nicht alle" entschädigt werden. Während des Sturms hatten Zehntausende auf Bahnhöfen festgesessen.

Quelle: ntv.de

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