Panorama

Anfängliche Empörung schlägt ins Gegenteil umKopenhagener Zoo verteidigt Giraffen-Tötung

10.02.2014, 16:25 Uhr
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Die Tötung einer gesunden Giraffe in einem Zoo in Kopenhagen ruft schnell die Kritiker auf den Plan. Nach einer anfänglichen Empörung stellt sich jetzt Ernüchterung ein und schnell wird klar, dass es auch in einem Zoo ums Fressen und gefressen werden geht.

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Marius hat nicht ins Zuchtprogramm gepasst. (Foto: REUTERS)

Nach dem empörten Aufschrei über die Tötung der kerngesunden Giraffe Marius im Kopenhagener Zoo gehen die Befürworter der Aktion in die Offensive. Viele Dänen rechtfertigten den tödlichen Bolzenschuss wegen Inzuchtgefahr und warfen den Kritikern Heuchelei vor. Der Journalist Kristian Madsen von der Zeitung "Politiken" etwa stellte auf Twitter die ironische Frage: "Was glauben die eigentlich, was Löwen an einem Tag ohne solch einen Leckerbissen wie Marius fressen? Rosenkohl?"

Das eineinhalb Jahre alte Giraffenkalb war am Sonntagmorgen getötet worden, weil der Zoo nach eigenen Angaben keine Alternative dazu sah. Mitarbeiter des Zoos erhielten daraufhin sogar Morddrohungen. Der Tierpark gehört zur Europäischen Zoo- und Aquarienvereinigung (EAZA), für die ein strenges Zuchtprogramm für Giraffen gilt, das nur Paarungen zwischen nicht miteinander verwandten Giraffen erlaubt. Damit soll die genetische Vielfalt der Population erhalten bleiben. Marius fand den Angaben zufolge in keinem der rund 300 EAZA-Zoos Aufnahme, weil dortige Giraffen ähnliches Genmaterial aufwiesen.

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Das Tier wird jetzt zur Nahrung für andere Tiere - fast wie in der freien Natur. (Foto: REUTERS)

Dass tausende Dänen eine Online-Petition für Marius' Rettung unterzeichneten und sich ein Milliardär gar bereit erklärte, das Tier zu kaufen und in seinem Privatpark zu beherbergen, stieß in sozialen Online-Medien vor allem auf Unverständnis. "Wie können sich die Menschen so über eine Giraffe ereifern, obwohl es Krebskrankheiten, den Krieg in Syrien und die (zuwanderungsfeindliche) Dänische Volkspartei nach wie vor gibt?", fragte die Projektkoordinatorin Dorte Dejbjerg Arens auf Twitter. Andere Beobachter stießen ins gleiche Horn.

Die Organisatoren der Petition hatte die Absetzung von Zoodirektor Bengt Holst gefordert. Der hatte die Tötung des Tiers verteidigt. "Das war eine Standardprozedur, die sicherstellt, dass es auch in Zukunft einen gesunden Bestand an Tieren gibt", sagte Holst der Zeitung "Berlingske". Ein weiterer vernünftiger Grund zum Töten sei das Verfüttern. "Der Zoo braucht dann kein Fleisch aus Massentierhaltung zu holen, sondern verfüttert bestes Biofleisch aus dem eigenen Betrieb."

Giraffen oder Schweine - die Leidensfähigkeit ist identisch

Peter Sanddoe, Professor für Bioethik an der Universität Kopenhagen, spottete über die "Disneyfizierung" niedlich wirkender Tiere in Zoos. Diese würden "als eine Art Bürger betrachtet, die auf Augenhöhe mit ihren menschlichen Genossen behandelt werden sollten". Dänemark sei aber eine traditionelle Agrarnation und die Tierschutzbewegung längst nicht so stark ausgeprägt wie in Großbritannien oder den USA - weshalb die anfängliche Empörung nun eben ins Gegenteil umgeschlagen und die Befürworter der Tötung in der Mehrzahl seien.

Eine Giraffe zu verfüttern, sei im Grund nichts anderes, als ein Schwein zu keulen, sagte der Direktor des Nürnberger Zoos, Dag Encke, der dpa. "Die Leidensfähigkeit der beiden Tiere ist identisch", betonte er. "Wir Zoos sind auch da, um den Menschen zu zeigen: Das ist etwas ganz Natürliches, auch eine Giraffe wird gefressen." Auch in Deutschland würden Zootiere getötet und an andere Tiere verfüttert. Dies geschehe vor allem im Huftierbereich. Entscheidend sei das Zuchtprogramm des Zoos oder auch das Platzangebot in den Gehegen. Der Abschuss eines Tieres sei grundsätzlich aber das letzte Mittel.

Quelle: ntv.de, ppo/dpa