Panorama

"Sie haben mein Leben zerstört, Herr Beckstein" "Mehmet" bezichtigt Ex-Innenminister

Immer wieder geriet Ari in Konflikt mit der Justiz.

Immer wieder geriet Ari in Konflikt mit der Justiz.

(Foto: dpa)

60 Körperverletzungen und Diebstähle - der jugendliche Serientäter "Mehmet" erreichte in den 90er Jahren traurige Berühmtheit. Jetzt trifft er erstmals mit dem Mann zusammen, der für seine Abschiebung verantwortlich war, und hat noch ein Anliegen.

15 Jahre nach der Abschiebung eines als "Mehmet" bezeichneten jugendlichen Serienstraftäters in die Türkei sind sich der heute 29-Jährige und der für die Abschiebung mitverantwortliche damalige bayerische Innenminister Günther Beckstein zum ersten Mal persönlich begegnet. "Sie haben mein Leben zerstört, Herr Beckstein", hielt Muhlis Ari dem damaligen CSU-Minister entgegen, wie die Feiertagsausgabe der "Bild am Sonntag" berichtet. Die Zeitung hatte ein Gespräch mit den beiden in Istanbul organisiert.

Beckstein verteidigte dagegen die Abschiebung auch im Rückblick: "Die Straftaten wurden immer härter, es war eine Entwicklung. Ich habe ganz klar gesagt: Das Schicksal der Opfer ist mir wichtiger als das Schicksal von 'Mehmet'". Außerdem habe das harte Durchgreifen offenbar eine heilsame Wirkung gehabt. "Wenn Sie jetzt offenbar ein anständiges Leben führen und weg von der Kriminalität sind, ist das ein Stück mein Verdienst."

Der Fall "Mehmet" sorgte 1998 für heftige Diskussionen. Noch als Strafunmündiger hatte der junge Münchner zahlreiche Verbrechen vom Diebstahl bis zu Körperverletzungen und Raubüberfällen begangen. Als er mit 14 Jahren dann als Strafmündiger einen neuen Raubüberfall beging, wurde "Mehmet" ohne seine Eltern in die Türkei abgeschoben. In einem folgenden jahrelangen Rechtsstreit konnte "Mehmet" sich aber durchsetzen und durfte 2002 nach Deutschland zurückkehren. 2005 wurde er allerdings wegen Erpressung und Körperverletzung seiner Eltern ein weiteres Mal verurteilt, entzog sich einer 18-monatigen Haftstrafe durch Flucht in die Türkei und lebt seitdem dort.

Zuletzt äußerte Ari den Wunsch, wieder nach Deutschland zu dürfen. Beckstein kann sich diese Rückkehr vorstellen, wie er in dem Gespräch sagte. "Es ist noch ein Urteil offen, 18 Monate ohne Bewährung. Aber wenn er sich in der Türkei viele Jahre straffrei verhalten hat, würde aus meiner Sicht nichts dagegen sprechen, die Strafe zur Bewährung auszusetzen." Beckstein kritisierte aber, dass keine Reue erkennbar sei. "Aus seiner Sicht hat er ein paar dumme Jungenstreiche gemacht und dann kam ein verrückter Innenminister und hat aus Wahlkampfzwecken einen armen Jungen in die Türkei abgeschoben, sein Leben vernichtet und in die Folter gegeben. Das kann ich so nicht stehen lassen."

Ari will in Frankfurt auftreten

Ari will in Kürze seine Autobiografie bei der Frankfurter Buchmesse vorstellen. Sein Anwalt Burkhard Benecken bestätigte entsprechende Pläne. Er habe bei der Staatsanwaltschaft in München die Aussetzung des Haftbefehls und bei der Stadt Frankfurt eine sogenannte Betretenserlaubnis für seinen Mandanten beantragt, sagte er.

Dass es in der kommenden Woche tatsächlich zu einem Auftritt des inzwischen 29 Jahre alten Muhlis Ari bei der weltgrößten Bücherschau kommt, sei aber "eher utopisch", sagte eine Sprecherin des Münchner Riva-Verlags, in dem die Autobiografie erscheint. Benecken räumte der Aktion hingegen sehr große Chancen ein. "Bei jedem anderen Ausländer würde es genehmigt werden - wir hoffen auf Gleichbehandlung", sagte er.

Sowohl das Amtsgericht München als auch das Ordnungsamt in Frankfurt bestätigten den Eingang der Anträge. Wann die Entscheidungen fallen, is noch unklar. In seinem Buch "Sie nannten mich Mehmet. Geschichte eines Ghettokindes" beschreibt Ari gemeinsam mit seinem Ghostwriter Christoph Straßer seine Kindheit in dem Münchner Problembezirk Neuperlach und wie sein Leben in den Fokus der Medien geriet.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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