Star-Regisseur und KremlkritikerPolizei nimmt Kirill Serebrennikow fest

Eigentlich sollte er im Oktober die Märchenoper "Hänsel und Gretel" an der Stuttgarter Staatsoper inszenieren - doch dazu wird es wohl nicht kommen. Kirill Serebrennikow sitzt in Russland in U-Haft. Der Theaterregisseur soll staatliche Gelder veruntreut haben.
Der russische Theaterregisseur Kirill Serebrennikow ist unter Betrugsverdacht festgenommen worden. Das teilte das Staatliche Ermittlungskomitee in Moskau mit. Der Leiter des Moskauer Gogol-Theaters stehe im Verdacht, zwischen 2011 und 2014 staatliche Gelder von 68 Millionen Rubel (knapp eine Million Euro) veruntreut zu haben. Drei seiner früheren Mitarbeiter sind deswegen im Mai verhaftet worden.
Serebrennikow ist ein international anerkannter Theatermacher, steht aber der russischen Führung kritisch gegenüber. Er sollte im September in Stuttgart die Märchenoper "Hänsel und Gretel" inszenieren. "Alle Vorgänge gegen ihn sind politisch", sagte der Intendant der Stuttgarter Oper, Jossi Wieler, vor einer Woche der "Süddeutschen Zeitung". "Man will ihn als Künstler gängeln, kriminalisieren, marginalisieren." Wieler bat die Politik um Hilfe. "Möglicherweise kann ein Dialog zwischen der russischen und der deutschen Politik helfen."
Serebrennikow war bereits im Mai in der Sache vernommen worden. Der "Süddeutschen Zeitung" hatte er damals gesagt, sein Pass sei bereits eingezogen worden. Er könne nicht mehr ins Ausland reisen. Im Juli hatte das Bolschoi Theater ein neues Ballett von Serebrennikow über das Leben des Tänzers Rudolf Nurejew (1938-1993), der sich aus der Sowjetunion abgesetzt hatte und an Aids gestorben war, kurz vor der Welturaufführung gestoppt.
Intendant appelliert an Moskau
Auch die Stuttgarter Produktion könne niemand anders übernehmen. "Das ist so individuell, so persönlich, dass nur Kirill das machen kann." Serebrennikow ist auch als Kostümbildner engagiert für die Aufführung. "Ich kann nur an die Verantwortlichen in Moskau appellieren, dass sie sich, Russland, uns und alle anderen nicht darum bringen, neue Aufführungen dieses Künstlers von Weltrang erleben zu können."
Zunächst galt Serebrennikow in dem Untreue-Verfahren nur als Zeuge. Allerdings hatte ihn die inhaftierte Ex-Buchhalterin Nina Masljajewa zusätzlich belastet, wie russische Medien berichteten. Sie warf ihm demnach vor, die Produktionsorganisation "7. Studio" gegründet zu haben, um staatliche Fördergelder zu veruntreuen. Die Rede war in diesem Zusammenhang von einer veruntreuten Summe in Höhe von 200 Millionen Rubel (2,84 Millionen Euro).