Panorama

Mord-Ermittlungen gegen Ex-Pfleger Tote sollen Antworten liefern

Wie viele Menschen tötete der Krankenpfleger Niels H.? Angeklagt ist er derzeit wegen fünf Taten, doch es könnten weit mehr sein. Um weitere Verdachtsfälle zu klären, müssen nun Gräber geöffnet werden.

Der frühere Pfleger steht bereits vor Gericht.

Der frühere Pfleger steht bereits vor Gericht.

(Foto: AP)

Im Zuge der Mord-Ermittlungen gegen den früheren Krankenpfleger Niels H. werden Staatsanwaltschaft und Polizei in den nächsten Wochen die ersten acht Exhumierungen vornehmen. Dabei sollen Gräber von Verstorbenen aus dem Klinikum Delmenhorst geöffnet werden, wie die Ermittler in Oldenburg mitteilten. "Weitere Exhumierungen werden folgen", hieß es in einer Mitteilung der Behörden. Die genauen Termine und Orte der Graböffnungen teilten die Staatsanwaltschaft und die Sonderkommission "Kardio" aus Rücksicht auf die Angehörigen nicht mit. "Wir wollen verhindern, dass viele Schaulustige das Geschehen vor Ort verfolgen", sagte der Präsident der Polizeidirektion Oldenburg, Johann Kühme.

H. muss sich derzeit wegen dreifachen Mordes und zweifachen Mordversuchs vor dem Oldenburger Landgericht verantworten. Er soll Patienten ein bestimmtes Herzmedikament gespritzt und so Notfälle ausgelöst haben, um seine Fähigkeiten bei der Wiederbelebung zu beweisen. Über die ihm vorgeworfenen Taten hinaus räumte H. in dem Prozess insgesamt 90 Fälle ein, in denen er Notfälle auslöste. Dabei sollen dem Angeklagten zufolge 30 Menschen gestorben sein. Das Urteil in dem Oldenburger Prozess wird für Donnerstag erwartet.

Im Zuge ihrer weiteren Ermittlungen gegen H. wollen Staatsanwaltschaft und Polizei nun dessen sämtliche beruflichen Tätigkeiten umfassend aufarbeiten und dabei verdächtige Sterbefälle aufklären, die mit seiner Arbeit in Verbindung stehen könnten. Unter anderem werden derzeit mehr als 170 Sterbefälle im Klinikum Delmenhorst untersucht, die in die Dienstzeit von H. fielen und in denen die Verstorbenen erdbestattet wurden.

Gutachten liefern Spuren

In diesen Fällen liegen die ersten 23 Gutachten des von der Staatsanwaltschaft Oldenburg beauftragten Sachverständigen vor, wie die Ermittler weiter mitteilten. In bisher zwölf Fällen ist der Todeseintritt nach Auffassung des Gutachters nach dem Krankheitsverlauf nicht plausibel - in diesen Fällen prüfen die Ermittler nun weiter den Verdacht, dass der Tod der Patienten auf eine Zuführung des Medikamentes Gilurytmal zurückzuführen ist.

Exhumierungen sind in den kommenden Wochen auf mehreren Friedhöfen geplant. Dabei wird es an einem Tag jeweils mehrere Graböffnungen geben. Die Exhumierungen auf dem ersten Friedhof werden nun vorbereitet. Den Ermittlern zufolge wurden die nächsten Angehörigen der Verstorbenen bereits vorab persönlich informiert. In den ersten acht Fällen hätten die Angehörigen "betroffen, aber weitestgehend gefasst" reagiert. Mit den Ergebnissen der Untersuchungen sei erst in mehreren Monaten zu rechnen.

Bei ihren bisherigen Ermittlungen fanden Staatsanwaltschaft und Polizei keine konkreten Hinweise, dass H. bereits während seiner früheren Tätigkeit im St.-Willehad-Hospital in Wilhelmshaven Patienten durch nicht indizierte Medikamentengabe getötet haben könnte. Die Prüfung von Verdachtsfällen während der Tätigkeit von H. in Altenpflegeheimen und Hilfsorganisationen in Wilhelmshaven dauert demnach noch an.

Zudem leiteten die Behörden bislang im Zusammenhang mit mehr als 20 Sterbefällen im Klinikum Oldenburg Ermittlungen gegen H. wegen Anfangsverdachts auf Mord ein. In diesen Fällen gehen die Ermittler insbesondere dem Verdacht nach, dass H. Patienten durch den Einsatz von Kalium getötet haben könnte. Gegen Verantwortliche der Kliniken Oldenburg und Delmenhorst wird zudem weiterhin wegen Verdachts des Totschlags durch Unterlassen ermittelt.

Quelle: ntv.de, sba/AFP

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen