Panorama

Nach der Explosion bei BASF Was war in der Wolke?

Blick aus der Luft auf die Unglücksstelle bei BASF in Ludwigshafen: "Wir werden unsere Werte veröffentlichen."

Blick aus der Luft auf die Unglücksstelle bei BASF in Ludwigshafen: "Wir werden unsere Werte veröffentlichen."

(Foto: picture alliance / dpa)

Riesige Rauchsäule, verunsicherte Anwohner: Bei dem Explosionsunglück in Ludwigshafen gehen große Mengen Chemikalien in Flammen auf. Ein Experte fordert die Offenlegung der Messergebnisse. Die Stadtverwaltung wartet noch ab.

Nach der Explosion bei BASF in Ludwigshafen wächst die Kritik an der Informationspolitik von Stadt und Unternehmen. Oliver Kalusch, Mitglied der Kommission für Anlagensicherheit beim Bundesumweltministerium, forderte im SWR, die Kommune solle offenlegen, welche Luftwerte nach dem Unfall gemessen worden seien.

"Es geht darum, dass die Stadt ihrer Pflicht zur aktiven Informationsübermittlung nachkommt", betonte Kalusch. Die zuständigen Stellen müssten offenlegen, welche Schadstoffe in welchen Konzentrationen ausgetreten seien, und wie das zu bewerten sei, sagte Kalusch. "Es ist absolut nicht akzeptabel, dass nicht bekannt ist, was genau die Situation ist."

Eine BASF-Sprecherin erklärte dazu, das Unternehmen habe die Messergebnisse an die Ludwigshafener Feuerwehr weitergegeben. Bei der städtischen Pressestelle hieß es: "Wir werden unsere Werte veröffentlichen." Die Stadtverwaltung Ludwigshafen lud für Freitag zu einer Pressekonferenz ein, bei der ihre Messstrategie und -ergebnisse offengelegt werden sollen. Auch die Umweltschutzorganisation Greenpeace hatte gefordert, die Feuerwehr solle ihre Messungen so schnell wie möglich offenlegen, um "die betroffene Bevölkerung umfassend zu informieren".

Neuer Alarm am Donnerstag

Drei Tage nach dem Explosionsunglück gab es erneut einen Feuerwehreinsatz der Werkstruppe im südlichen Geländeteil. Sie wurde verständigt, um einen möglichen Temperatur- und Druckanstieg in einem Behälter zu verhindern. Durch die Beimischung eines Produkts sei die Situation entschärft worden. In dem Behälter befinden sich Ammoniak, das bei Erwärmung explodieren kann, und Ethylenoxid, das ein extrem entzündbares Gas ist.

Beides seien wichtige Grundchemikalien für die Herstellung zahlreicher Produkte, hieß es. BASF konnte jedoch noch am Abend Entwarnung geben. Der Einsatz sei erfolgreich beendet worden, sagte eine Sprecherin des Chemiekonzerns. Sicherheitshalber waren Mitarbeiter im Umkreis von 100 Metern aufgefordert worden, die Gebäude nicht zu verlassen. Der Chemiekonzern fuhr unterdessen wichtige Anlagen wieder hoch.

Bei Arbeiten an einer Rohrleitungstrasse im Landeshafen Nord hatte es am Montag eine Explosion gegeben, bei der zwei Mitarbeiter der Werksfeuerwehr getötet wurden. Vermutlich starb auch der Matrose eines Tankschiffes. Im Hafenbecken entdecken Polizeitaucher einen Toten, dessen Identität noch geklärt werden musste. Mehr als 20 Menschen wurden verletzt, viele von ihnen schwer. Der Hafen grenzt unmittelbar an das riesige Werksgelände der BASF am Standort Ludwigshafen an.

Tagelang geschlossene Fenster

Bei den durch die Explosion ausgelösten Bränden bildete sich eine riesige Rauch- und Rußwolke. Um das Übergreifen der Flammen zu verhindern, gingen die Einsatzkräfte dazu über, beschädigte Rohrleitungen vorsorglich zu entleeren. Brennbare Reststoffe wurden dabei gezielt abgefackelt - wodurch weitere Chemikalien in die Umwelt gelangt sein dürften. In der Umgebung der Unglücksstelle galt eine Gefahrenwarnung der Feuerwehr: Die Bürger wurden aufgefordert, sicherheitshalber Fenster und Türen geschlossen zu lassen und sich möglichst nicht im Freien aufzuhalten. Autofahrer sollten die Unglücksstelle großräumig umfahren.

Am Mittwoch hatte das Umweltministerium in Mainz mitgeteilt, die Messungen des Landesamtes für Umwelt hätten ergeben, dass es in der Stadt während des Brandes und danach keine Überschreitung der Grenzwerte gegeben habe. Allerdings seien die Messstationen des Amtes "nicht speziell für solche Schadensereignisse" installiert.

Am Donnerstag hob die Stadt die Sicherheitshinweise für ein Gewerbegebiet in der Nähe des Unglücksortes auf - es war der letzte Bereich rund um die Unglücksstelle, für die die Empfehlungen zu diesem Zeitpunkt noch gegolten hatten.

Veraltete Anlagen?

Mit seinen Forderungen nach einer sofortigen Offenlegung der Schadstoffanalysen bezog sich Sicherheitsexperte Kalusch auch auf das Alter der BASF-Anlagen. "Die Anlage der BASF ist etliche Jahrzehnte alt und natürlich nimmt dann die Häufigkeit von Ereignissen zu. Ich kann überhaupt nicht erkennen, dass die BASF im Moment ein vernünftiges Management in dieser Richtung hat."

Die BASF-Sprecherin sagte, das Unternehmen halte die vorgeschriebenen Wartungsintervalle ein. Zudem investiere BASF in die Instandhaltung. BASF-Vorstandschef Kurt Bock will sich am 27. Oktober bei der anstehenden Quartals-Pressekonferenz zu dem Unglück äußern.

Neues Handyvideo vom Unglücksort?

Die Ludwigshafener Tageszeitung "Die Rheinpfalz" berichtete unterdessen von einem Handyvideo, das ein Lkw-Fahrer kurz vor der Explosion gemacht haben soll. Darauf sei zu sehen, wie ein Arbeiter versuche, Flammen am Rohrgraben mit einem Feuerlöscher zu bekämpfen. Der Leiter der Staatsanwaltschaft Frankenthal, Hubert Ströber, sagte, er habe bisher nichts von dem Video gewusst.

Ströbers Angaben zufolge sollte eine Vertreterin der Staatsanwaltschaft die Unglücksstelle aufsuchen, um mit den Sachverständigen zu klären, "welche Befunde vor Ort erhoben werden können" und "was der Sicherung bedarf". "Wir wollen die BASF nicht unnötig blockieren", sagte Ströber, aber Beweismittel müssten erhoben werden.

Die BASF-Sprecherin erklärte dazu, erst wenn der Explosionsort von den Ermittlern freigegeben werde, könne man sagen, wie groß der Schaden sei. Sie bestätigte, dass das Unternehmen einen unabhängigen Sachverständigen einschalten werde. Zum Schaden, der infolge des Produktionsausfalls entstehe, könne man noch nichts sagen, hieß es.

Quelle: ntv.de, mmo/dpa

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