Panorama

Essen wie in der Steinzeit Paläo-Diät setzt auf rohes Fleisch

Essen als blutiges Spektakel: Ein neuer Diät-Trend in den USA orientiert sich an der Steinzeit. Viel rohes Fleisch steht auf dem Speiseplan. "Höhlen-Lifestyle" sei das, meinen Spötter.

Neben rohen Fleisch stehen auch Früchte und Fisch auf dem Speiseplan. Milch und Getreide hingegen gibt es selten.

Neben rohen Fleisch stehen auch Früchte und Fisch auf dem Speiseplan. Milch und Getreide hingegen gibt es selten.

(Foto: AP)

Bevor Vlad Averbukh sein Mittagessen verzehrt, warnt er die Anwesenden vor dem schwer verdaulichen Spektakel. "Es könnte blutig werden", sagt der 29-jährige Internet-Designer aus New York. Er übertreibt nicht: Mit den Zähnen reißt er Fetzen aus einem saftigen Stück rohen Fleisches. "Viele werden das unappetitlich finden, aber mir schmeckt es", sagt Averbukh. Der Großstadtbewohner hängt einem neuen Trend in den USA an: Er folgt der Paläo-Diät, die sich an der Lebens- und Ernährungsweise der Menschen im Paläolithikum, der Steinzeit, orientiert.

Spötter sprechen von "Höhlen-Lifestyle". Averbukh freilich meint es ernst. "Die Theorie besagt, dass man nur das essen soll, was unsere Vorfahren schon vor 10.000 Jahren gegessen haben", sagt er. "Im Grunde genommen ist es also nur das, was man mit einem Stock im Wald erbeuten kann." Für den täglichen Speiseplan bedeutet das: viel rohes Fleisch, Früchte der Saison und Fisch, aber keine verarbeiteten Nahrungsmittel wie zum Beispiel Zucker. Auch Getreide und Milch gibt es nur ausnahmsweise. Hinzu kommt viel Bewegung, um das Jagd- und Fluchtverhalten der Steinzeitleute nachzuahmen.

Wunsch nach einem gesünderen Leben

Im modernen Alltag lässt sich natürlich nicht jagen. Viel Bewegung gehört aber dennoch dazu.

Im modernen Alltag lässt sich natürlich nicht jagen. Viel Bewegung gehört aber dennoch dazu.

(Foto: picture alliance / dpa)

Getrieben werden die Anhänger der Paläo-Diät vom Wunsch nach einem besseren, gesünderen Leben. Einer der wichtigsten Wegbereiter ist der Professor Loren Cordain aus dem US-Bundesstaat Colorado. Er glaubt, dass die Abkehr des modernen Menschen von der prähistorischen Ernährung und die Zuwendung zu Getreidenahrung zum Anstieg von Zivilisationskrankheiten wie Krebs, Fettsucht oder Herzproblemen geführt hat. Sein Programm sei "nicht von Diätdoktoren oder Ernährungsberatern entworfen, sondern von dem Wissen, das Mutter Natur durch Evolution und natürliche Selektion erworben hat", behauptet Cordain.

Die Lebensgestaltung nach Steinzeitvorbild bringt im Alltag des modernen Stadtmenschen natürlich einige Probleme mit sich. Averbukh gibt zu, dass einige seiner Freunde ihn reichlich verschroben finden. Billig ist es auch nicht: Da er in New York nicht selbst jagen kann, kauft er teure Biofrüchte und Biofleisch von grasgefütterten Tieren; im Winter gibt er rund 70 Dollar am Tag fürs Essen aus. Außerdem sei es als urbaner Paläo-Mann nicht so einfach, eine passende Paläo-Frau zu finden, gibt Averbukh zu: "Es ist vielleicht nicht so sexy und feminin, rohes Fleisch zu essen."

Ernährungsberater sind skeptisch

Tatsächlich stehen gesundheitsbewusste Frauen in New York eher auf Joghurt und Yoga als auf rohes Tierfett und Fleisch mit Knochenmark. Die Fitness-Trainerin Allison Bojarski ist eine der wenigen Paläo-Anhängerinnen. Sie empfiehlt eine Ernährung, "die sich daran orientiert, wie sich die Menschen im Einklang mit Pflanzen und Tieren evolutionär entwickelt haben", sagt sie. Von dem Steinzeit-Spleen, dem sich manche Männer hingeben, hält sie freilich wenig: "Mir geht es nicht darum, nun das Leben der Höhlenmenschen zu inszenieren."

Professionelle Ernährungsberater in den USA stehen dem Paläo-Rummel ohnehin skeptisch gegenüber: "Überlegen wir uns doch mal, wie die Steinzeitmenschen gelebt haben: Besonders alt wurden sie ja nicht", gibt Keri Gans vom Fachverband American Dietetic Association zu bedenken. Die "Paläo-Diät" sieht sie als "Mode-Marotte". Zu einer gesunden Ernährung zähle nun einmal ein ausgewogenes Verhältnis von Proteinen, Fetten, Obst und viel Vollkorn, sagt Gans.

Quelle: ntv.de, Sebastian Smith, AFP

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