Behörde will aufklären BKA-Gründer waren Nazis
08.08.2007, 18:03 UhrDas Bundeskriminalamt (BKA) will sich intensiv mit der Nazi-Vergangenheit seiner früheren Führungskräfte beschäftigen. Behördenchef Jörg Ziercke eröffnete dafür eine dreiteilige Veranstaltungsreihe in Wiesbaden. Im Mittelpunkt soll stehen, welche Rolle frühere Nazi-Polizisten in der Gründungsphase des BKA in den 50er Jahren bis zu ihrer Pensionierung in den 70er Jahren spielten.
Ziercke wies darauf hin, dass nach dem Zweiten Weltkrieg 48 Beamte des Reichskriminalpolizeiamtes den Kern einer neuen Kriminalpolizei in der britischen Besatzungszone bildeten. Die Behörde ging später im BKA auf. Ende der 50er Jahre seien fast alle BKA-Leitungspositionen mit ehemaligen Nazis und SS-Führern besetzt gewesen. Laut Ziercke waren bei der Polizei Cliquen und Seilschaften der Nazi-Zeit auch nach dem Krieg aktiv und halfen sich bei der Wiedereinstellung.
Geklärt werden soll auch, ob Nazi-Konzepte zur Kriminalitätsbekämpfung nach dem Krieg fortgeschrieben wurden. Die Veranstaltungsreihe soll im September und Oktober fortgesetzt werden. Bei Bedarf will die Behörde danach ein Forschungsprojekt an externe Wissenschaftler vergeben.
Ziercke äußerte sich zugleich besorgt über die Zunahme rechtsextremistischer Straftaten in Deutschland. Es vergehe kaum ein Tag ohne Übergriffe von Neonazis. Die Zahl der rechtsextremistischen, antisemitischen und fremdenfeindlichen Taten habe im vergangenen Jahr mit 18.000 registrierten Delikten einen Höchststand erreicht. Damit werde ein Klima der Angst erzeugt: "Dies muss uns sehr nachdenklich stimmen."
Der Behördenchef sagte, dass neben dem Terrorismus kaum ein Thema so große Aufmerksamkeit bei der Polizei habe wie der Rechtsextremismus. Wichtig sei, Entwicklungen und Brennpunkte frühzeitig zu erkennen. Der Rechtsextremismus sei deshalb auch Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen in der Polizei. In der aktuellen Diskussion über neue Befugnisse für Sicherheitsbehörden wies Ziercke Vergleiche mit einem Überwachungsstaat zurück. Dies entbehre jeder Grundlage, weil damit die heutige Polizei in die Nähe der Polizei des Nazi-Regimes gerückt werde. Außerdem würden Verbrechen von damals verharmlost. "Ich mahne daher einen vorsichtigen Umgang mit solchen Begriffen an", sagte Ziercke. Das BKA stelle sich aber dem Diskurs über Kontrollmechanismen für die Polizei.
In den vergangenen Wochen hatten Vorschläge von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble für Aufregung gesorgt. Vor allem die geplante heimliche Online-Durchsuchung ist in der großen Koalition umstritten. Der CDU-Politiker brachte auch die gezielte Tötung von Terroristen ins Gespräch.
Quelle: ntv.de