Politik

Ex-Ministerpräsident denkt nachBerlusconi flirtet mit Bersani

26.02.2013, 13:30 Uhr
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Berlusconi: "Wir müssen alle überlegen, was für Italiens Zukunft das Beste ist." (Foto: REUTERS)

Deutsche Politiker zeigen sich ob des politischen Patts in Italien besorgt. Sie fürchten, dass das Land nun unregierbar wird. Der frühere italienische Ministerpräsident Berlusconi ist da deutlich optimistischer. Schnelle Neuwahlen braucht das Land seiner Meinung nach nicht. Vielleicht auch, weil er sich beim Thema Koalitionen plötzlich offen gibt.

Nach dem Patt bei der italienischen Parlamentswahl hat sich der frühere Ministerpräsident Silvio Berlusconi offen für eine große Koalition mit dem knapp in Führung liegenden Mitte-Links-Lager von Pier Luigi Bersani gezeigt.

"Italien darf nicht unregiert bleiben", sagte Berlusconi in einem seiner Fernsehsender. Alle Seiten müssten nun Opfer bringen. Lediglich eine Koalition mit dem Bündnis des bisherigen Ministerpräsidenten Mario Monti schloss er aus. Das schlechte Abschneiden Montis zeige, dass ein Großteil der Bevölkerung mit dem Sparkurs nicht einverstanden sei, argumentierte Berlusconi.

Berlusconi sprach sich zudem gegen schnelle Neuwahlen aus. "Wir müssen alle überlegen, was für Italiens Zukunft das Beste ist", sagte der 76-Jährige.

Im Abgeordnetenhaus und im umkämpften Senat rettete das Mitte-Links-Lager von Pier Luigi Bersani nach den Ergebnissen vom Dienstag zwar einen knappen Vorsprung vor dem konservativen Bündnis von Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi ins Ziel. Doch im Senat können Berlusconi und die überraschend starke Anti-Establishment-Bewegung des Komikers Beppe Grillo Gesetzesvorhaben anderer Lager abblocken. Auch eine Koalition Bersanis mit Monti reicht für eine Mehrheit und zum Regieren nicht aus.

Deutsche Politiker zeigen sich besorgt

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In einem Wahllokal in Italien. (Foto: REUTERS)

Deutsche Politiker - ob in Berlin oder Brüssel - zeigten sich angesichts der unsicheren politischen Lage in Italien besorgt.

Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler sagte: "Ich hätte mir ein besseres Abschneiden der Reformkräfte in Italien vorstellen können." Der FDP-Parteivorsitzende fügte hinzu: "Alle Parteien in Italien sind jetzt aufgefordert, zur Stabilität des Landes beizutragen."

Zum Kurs der Strukturreformen in dem Euro-Land, zu dem auch die Sanierung des Staatshaushalts und die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit gehören, sieht er "keine Alternative". Italien sollte seinen Haushalt sanieren und die Wettbewerbsfähigkeit verbessern.

Westerwelle hofft auf schnelle Regierungsbildung

Röslers Parteikollege, Außenminister Guido Westerwelle, hofft trotz der Pattsituation nach der Wahl in Italien auf die schnelle Bildung einer handlungsfähigen Regierung. Dies sei nicht nur im Interesse Italiens, sondern im Interesse ganz Europas. "Wenn es um die Bewältigung der Schuldenkrise in Europa geht, sitzen wir alle im selben Boot."

Auch der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion, Michael Grosse-Brömer, rief die italienischen Parteien nach der Parlamentswahl auf, schnell eine handlungsfähige Regierung zu bilden. Der Reformkurs des bisherigen Ministerpräsidenten Mario Monti müsse fortgesetzt werden, verlangte der CDU-Politiker.

"Wahl ist Absage an Kürzungspolitik"

Der Präsident des Europaparlaments, Martin Schulz, glaubte wiederum in dem Wahlausgang in Italien einen Appell an die Europäische Union zu erkennen. Die müsse sich von ihrer "einseitigen Kürzungspolitik" verabschieden. "Es ist schwer zu interpretieren, was in Italien ausgedrückt worden ist", sagte der SPD-Politiker im Deutschlandfunk. "Eine Sache kann man allerdings feststellen: "Das ist auch eine Absage an eine einseitige Kürzungspolitik der EU."

Schulz forderte stattdessen eine Kombination aus nachhaltiger Haushaltsdisziplin und Investitionspolitik, die Arbeit schafft.

Quelle: ntv.de, ieh/dpa/rts/AFP