Politik

Jubeln mit Janukowitsch Boykottbrecherin Merkel

Die Bilder, die von Angela Merkel im Stadion entstehen, haben in der Heimat Kultcharakter.

Die Bilder, die von Angela Merkel im Stadion entstehen, haben in der Heimat Kultcharakter.

(Foto: dapd)

Gerüchten zufolge hat sich die Bundeskanzlerin vorgenommen, das Europameisterschafts-Finale in Kiew vor Ort anzuschauen, wenn Deutschland beteiligt ist. Sie untergräbt damit den Boykott vieler europäischer Kollegen. Die Opposition spricht von einem falschen Signal.

Der Präsident der Ukraine, Viktor Janukowitsch.

Der Präsident der Ukraine, Viktor Janukowitsch.

(Foto: dapd)

Es ist ein Bild, mit dem Politiker gerne in die Medien kommen: Zwei Regierungschefs gemeinsam auf der Fantribüne, jeder freut sich über gute Aktionen seiner Mannschaft und obwohl am Ende einer verliert, geht man fair und freundschaftlich miteinander um. Die Freudensprünge Angela Merkels sind längst legendär und Europas Mächtige zeigen sich gern mit ihr. Soweit, so harmlos. Doch sollte sich Deutschland für das Finale der Europameisterschaft qualifizieren, wird das Fußball-Schauen zum echten Politikum.

Denn dann müsste die Kanzlerin eigentlich neben einem Mann Platz nehmen, den sie politisch bekämpft: Der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch steht im Verdacht, im Jahr 2004 durch Wahlfälschung ins Amt gekommen zu sein, was damals die Orangene Revolution ausgelöst hatte. Deren Anführerin Julia Timoschenko sitzt nun in Haft - aus politischen Gründen, wie viele vermuten. Auch die deutsche Regierung forderte wiederholt, dass Timoschenko freigelassen oder zumindest ihre Haft erleichtert wird - eine Forderung, auf die sich Janukowitsch nicht einlassen möchte.

Kann Merkel bei ihrem Besuch politischen Druck machen?

Viele europäische Politiker, darunter die gesamte EU-Kommission boykottieren die Spiele in der Ukraine, auch aus der Bundesregierung reiste bislang niemand zu den Spielen. Die Grünen fordern Merkel auf, bei dieser Linie zu bleiben: Angesichts der Menschenrechtslage in der Ukraine wäre eine Reise dorthin ein "vollkommen falsches Signal", sagte die sportpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion, Viola von Cramon, der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Sollte Merkel neben dem ukrainischen Präsident Viktor Janukowitsch auf der Tribüne sitzen, würde sie ihm die Bilder liefern, "die er will und die seine Wiederwahl im Oktober begünstigen werden". Gerechtfertigt wäre ein Besuch der Kanzlerin nur, wenn damit konkrete Maßnahmen wie die Freilassung inhaftierter Politiker verbunden wären. Doch das ist höchst unwahrscheinlich.

Vor Beginn der EM hatte sich Merkel besorgt über die rechtsstaatliche Lage in der Ukraine geäußert. Ob sie selbst zu Spielen in der Ukraine fahren würde, hatte sie dabei immer offen gelassen. Offiziell will sie sich erst festlegen, wenn das deutsche Team tatsächlich weiterkommt. Sagt sie ab, ist das ein starkes politisches Signal, an dem Merkel offensichtlich derzeit kein Interesse hat. Sagt sie zu, muss sie sich mit der komplizierten Frage beschäftigen, wie sie vor dem großen Publikum mit Janukowitsch umgeht. Unangenehm ist beides. Für Merkel wäre es also das Angenehmste, wenn es gar nicht erst so weit kommt, Deutschland also schon im Halbfinale ausscheidet.

Quelle: ntv.de, mit dpa/AFP

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