Politik

2.000.000.000.000 Euro bis 2013Deutsche Schulden hoch wie nie

08.07.2009, 18:38 Uhr

Der deutsche Staat häuft so hohe Schulden an, wie noch nie zuvor: Bis 2013 steigt der Schuldenstand auf 82 Prozent des Bruttoinlandsprodukts - auf gigantische zwei Billionen Euro. Das Defizit könnte sogar noch höher ausfallen, falls zusätzliche Kosten aus dem Bankenrettungsfonds den Haushalt belasten.

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Die Schuldenuhr beim Steuerzahlerbund: Der Berg wächst und wächst. (Foto: dpa)

Deutschland steuert bis zum Jahr 2013 auf einen gigantischen Schuldenberg von mehr als 2000 Milliarden Euro zu. Die über Jahrzehnte aufgelaufenen Schulden machen dann mehr als vier Fünftel der deutschen Wirtschaftskraft aus. Das geht aus Berechnungen für den Finanzplanungsrat von Bund und Ländern hervor, der in Berlin tagte.

Danach müssen Bund, Länder sowie Kommunen zwischen 2009 und 2013 fast 510 Milliarden Euro neue Schulden machen. Die Summe könnte noch höher ausfallen, wenn Belastungen aus dem Bankenrettungsfonds sowie den Konjunkturpaketen zu Buche schlagen. Frühestens 2013 könnte Deutschland zumindest die Defizitgrenze des Euro-Stabilitätspaktes wieder einhalten. Dazu sind aber weitere Sparanstrengungen nötig.

Bisher sind Staatsschulden von insgesamt rund 1,6 Billionen Euro aufgelaufen. Allein der Bund benötigt in den nächsten Jahren rund 300 Milliarden Euro neue Schulden. Für 2010 sind bisher weitere Kredite von 86,1 Milliarden Euro geplant. Das ist die mit Abstand größte Neuverschuldung des Bundes, die es je gab. Sie könnte am Ende auch über 100 Milliarden Euro liegen. Für dieses Jahr plant der Bund bisher mit einer Nettokreditaufnahme von mehr als 49 Milliarden Euro.

Deutschland wird Defizitsünder

Für den Gesamtstaat sind in diesem Jahr mehr als 112 Milliarden Euro an neuen Schulden geplant, im nächsten Jahr kommt der Rekordwert von mehr als 132 Milliarden Euro dazu. Im Jahr 2013 könnte die Neu- Verschuldung von Bund, Ländern und Kommunen den Berechnungen zufolge auf knapp 70 Milliarden Euro sinken.

Deutschland wird damit wie fast alle EU-Länder in Folge der Wirtschaftskrise zum Defizitsünder. So wird sich der deutsche Staat 2010 voraussichtlich doppelt so stark verschulden wie der Euro-Stabilitätspakt erlaubt. Das Staatsdefizit werde bei rund sechs Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) liegen, so die Berechnungen des Bundesfinanzministeriums für den Finanzplanungsrat. In diesem Jahr rechnet die Regierung mit einem Fehlbetrag im Gesamtetat von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherungen in Höhe von vier Prozent des BIP. Die EU-Grenze von drei Prozent wird frühestens 2013 unterschritten.

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Finanzminister Steinbrück findet wenig Trost darin, dass viele EU-Länder noch schlechter dastehen. (Foto: dpa)

Allerdings legt die EU den 2005 reformierten Pakt in der schwersten Rezession seit dem Zweiten Weltkrieg großzügig aus. Er erlaubt in Krisenzeiten vorübergehend eine höhere Schuldenaufnahme. Zur Stimulierung der Wirtschaft geben die EU-Staaten nach IWF-Berechnungen fünf Prozent des BIP aus.

Gutes Abschneiden im EU-Vergleich

Bundesfinanzminister Peer Steinbrück sagte, es sei kein Trost, dass Deutschland im Vergleich mit anderen Ländern noch gut dastehe, Die Europäische Kommission erwartet, dass 21 der 27 EU-Staaten in diesem Jahr über der Drei-Prozent-Grenze liegen werden. In Frankreich wird mit einem Minus von sieben bis 7,5 Prozent gerechnet, in Großbritannien mit zwölf und in den USA sogar mit 13 Prozent.

Für den Staat bestehe der Druck, nach der Krise auf einen Sanierungskurs zurückzukehren. Es gebe bei diesem Punkt keine Meinungsunterschiede zwischen Bund und Ländern. Die Schuldenbremse sei eine "sehr gute disziplinarische Grundlage", sagte Steinbrück. Schleswig-Holstein will den Angaben zufolge nicht mehr gegen die Schuldenbremse klagen.

Kosten für Konjunkturprogramme

"Wir sind von der größten Finanz- und Wirtschaftskrise der Bundesrepublik gebeutelt", klagte Steinbrück. Hauptgrund für das steigende Defizit sind die wegbrechenden Steuereinnahmen. Den Berechnungen zufolge schrumpfen sie 2009 um 6,5 Prozent auf 524,5 Milliarden Euro und gehen 2010 nochmals um drei Prozent zurück, um dann bis 2013 wieder auf das Niveau vor der Krise zu klettern. Zugleich steigen die Ausgaben für Arbeitslosigkeit. Der nordrhein-westfälische Finanzminister Helmuth Linssen sagte, vor der Krise hätten alle Bundesländer ausgeglichene Etats gehabt: "Es ist wie bei Sisyphos, wir fangen wieder von vorne an."

Alleine für Infrastrukturprojekte in den Kommunen zur Belebung der Konjunktur stellen Bund und Länder 13,3 Milliarden Euro bereit. Steinbrück sagte, im Juni und Juli komme Bewegung in das Programm. Linssen zufolge könnten am Jahresende 50 Prozent der Mittel in der Abwicklung sein.

Im Finanzplanungsrat stimmen Bund, Länder und Gemeinden ihre Haushaltspolitik ab. Der Ministeriumsvorlage zufolge wächst in den kommenden Jahren wegen der ausufernden Neuverschuldung auch der Schuldenberg des Staates von derzeit rund 1,5 Billionen Euro rapide an. Während die Schuldenstandsquote 2008 noch bei 65,9 Prozent des BIP lag, wird sie bis 2013 auf einen Wert von 82 Prozent klettern. Der EU-Pakt setzt hier eine Grenze bei 60 Prozent. Alleine der Bund gibt für seine Altschulden jedes Jahr 43 Milliarden Euro Zinsen aus - das ist jeder siebte Euro seiner Ausgaben und der zweitgrößte Posten nach dem Rentenzuschuss.

Quelle: tis/dpa/rts