Muslime beim SchwimmunterrichtEin Burkini ist zumutbar

Ein elf Jahre altes Mädchen will sich aus religiösen Gründen vom gemischten Schwimmunterricht befreien lassen. Als das nicht gelingt, klagt die Muslima mehrmals vergeblich. Das hessische Verwaltungsgericht schlägt ihr jetzt vor, einen Ganzkörperbadeanzug zu tragen, statt sich dem Unterricht zu verweigern.
Ein muslimisches Mädchen
ist vor Gericht mit der Forderung gescheitert, vom gemischten Schwimmunterricht
befreit zu werden. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel wies die Berufung
einer heute zwölf Jahre alten Schülerin aus Frankfurt ab. Sie wollte feststellen
lassen, dass sie im abgelaufenen Schuljahr im Alter von elf Jahren zu Unrecht nicht
vom koedukativen Schwimmunterricht befreit wurde.
"Die Klägerin hätte
damals am Schwimmunterricht teilnehmen müssen. Für diesen Zeitpunkt in diesem Einzelfall
gab es keine Gründe für eine Befreiung", sagte der Vorsitzende Richter und
Präsident des VGH, Hans Rothaug. Bereits zuvor hatten andere Oberverwaltungsgerichte
in vergleichbaren Fällen ähnlich geurteilt. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung
der Frage ließt der VGH aber eine Revision zum Bundesverwaltungsgericht zu.
Abzuwägen seien die Grundrechte
der Religionsfreiheit und des staatlichen Bildungsauftrags. Er habe keinen Zweifel,
dass die Klägerin es mit ihrem Glauben sehr ernst meine, betonte Rothaug. Das Tragen
eines Burkinis sei ihr als "milderes Mittel" an dieser Schule aber möglich
gewesen. An der Helene-Lange-Schule in Frankfurt haben vier von fünf Schülern einen
Migrationshintergrund. Mehr als ein Drittel sind Muslime. Ein Burkini ist ein Badeanzug,
der den Bekleidungsvorschriften des Islam entspricht.
Elfjährige will keine Jungs in Badehose sehen
Diesen hatte die Muslima
abgelehnt. "Das ist ein Plastiksack und macht jemanden hässlich", sagte
ihr Anwalt Klaus Meissner. Zudem hatte er mit dem Anblick der anderen Jungen und
Mädchen argumentiert. Dies verletze ihr Schamgefühl. Die Klägerin sagte: "Ich
möchte Jungen nicht in kurzer Bekleidung sehen. Ich mag sowas nicht." Das ließ
der 7. Senat nicht gelten. Die Schülerin wolle Ärztin werden. Auch dann könne sie
sich nicht jeder solchen Situation verschließen. Bereits das Verwaltungsgericht
Frankfurt hatte die Klage abgewiesen.
Das Bundesverwaltungsgericht
hatte 1993 entschieden, dass eine Befreiung vom Schwimmunterricht möglich ist, wenn
die Schule keinen getrennten Schwimmunterricht anbietet. "Die Schullandschaft
hat sich verändert. Dem muss Rechnung getragen werden", sagte die Vertreterin
des Landes vor dem VGH. Dem folgten die Richter. Die Entwicklung seit damals sei
fortgeschritten. Zudem habe das Bundesverfassungsgericht deutlich gemacht, Integration
verlange auch, dass religiöse Minderheiten sich nicht selbst ausgrenzten. Die Religionsfreiheit
des Mädchens müsse vor diesem Integrationsauftrag teilweise zurücktreten.
Erst im Juni hatte das Oberverwaltungsgericht
in Bremen geurteilt, dass muslimische Grundschülerinnen keinen Anspruch auf Befreiung
vom Schwimmunterricht haben. Im Grundschulalter könne von einem
persönlichen Gewissenskonflikt durch die Teilnahme am gemeinsamen Schwimmen für
Mädchen und Jungen noch nicht ausgegangen werden. Einen Befreiungsanspruch gebe
es erst nach Einsetzen der Pubertät. Auch das nordrhein-westfälische Schulministerium
hatte 2009 klargestellt, dass muslimische Schülerinnen und Schüler grundsätzlich
am Schwimmunterricht und an Klassenfahrten teilnehmen müssen.