Politik

Muslime beim SchwimmunterrichtEin Burkini ist zumutbar

28.09.2012, 17:09 Uhr
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Ein Burkini entspricht den Kleidungsregeln des Islam. (Foto: picture alliance / dpa)

Ein elf Jahre altes Mädchen will sich aus religiösen Gründen vom gemischten Schwimmunterricht befreien lassen. Als das nicht gelingt, klagt die Muslima mehrmals vergeblich. Das hessische Verwaltungsgericht schlägt ihr jetzt vor, einen Ganzkörperbadeanzug zu tragen, statt sich dem Unterricht zu verweigern.

Ein muslimisches Mädchen

ist vor Gericht mit der Forderung gescheitert, vom gemischten Schwimmunterricht

befreit zu werden. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel wies die Berufung

einer heute zwölf Jahre alten Schülerin aus Frankfurt ab. Sie wollte feststellen

lassen, dass sie im abgelaufenen Schuljahr im Alter von elf Jahren zu Unrecht nicht

vom koedukativen Schwimmunterricht befreit wurde.

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Ob und unter welchen Bedingungen muslimische Kinder am Schwimmunterricht teilnehmen müssen, beschäftigt Gerichte in Deutschland seit Jahren. (Foto: picture alliance / dpa)

"Die Klägerin hätte

damals am Schwimmunterricht teilnehmen müssen. Für diesen Zeitpunkt in diesem Einzelfall

gab es keine Gründe für eine Befreiung", sagte der Vorsitzende Richter und

Präsident des VGH, Hans Rothaug. Bereits zuvor hatten andere Oberverwaltungsgerichte

in vergleichbaren Fällen ähnlich geurteilt. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung

der Frage ließt der VGH aber eine Revision zum Bundesverwaltungsgericht zu.

Abzuwägen seien die Grundrechte

der Religionsfreiheit und des staatlichen Bildungsauftrags. Er habe keinen Zweifel,

dass die Klägerin es mit ihrem Glauben sehr ernst meine, betonte Rothaug. Das Tragen

eines Burkinis sei ihr als "milderes Mittel" an dieser Schule aber möglich

gewesen. An der Helene-Lange-Schule in Frankfurt haben vier von fünf Schülern einen

Migrationshintergrund. Mehr als ein Drittel sind Muslime. Ein Burkini ist ein Badeanzug,

der den Bekleidungsvorschriften des Islam entspricht.

Elfjährige will keine Jungs in Badehose sehen

Diesen hatte die Muslima

abgelehnt. "Das ist ein Plastiksack und macht jemanden hässlich", sagte

ihr Anwalt Klaus Meissner. Zudem hatte er mit dem Anblick der anderen Jungen und

Mädchen argumentiert. Dies verletze ihr Schamgefühl. Die Klägerin sagte: "Ich

möchte Jungen nicht in kurzer Bekleidung sehen. Ich mag sowas nicht." Das ließ

der 7. Senat nicht gelten. Die Schülerin wolle Ärztin werden. Auch dann könne sie

sich nicht jeder solchen Situation verschließen. Bereits das Verwaltungsgericht

Frankfurt hatte die Klage abgewiesen.

Das Bundesverwaltungsgericht

hatte 1993 entschieden, dass eine Befreiung vom Schwimmunterricht möglich ist, wenn

die Schule keinen getrennten Schwimmunterricht anbietet. "Die Schullandschaft

hat sich verändert. Dem muss Rechnung getragen werden", sagte die Vertreterin

des Landes vor dem VGH. Dem folgten die Richter. Die Entwicklung seit damals sei

fortgeschritten. Zudem habe das Bundesverfassungsgericht deutlich gemacht, Integration

verlange auch, dass religiöse Minderheiten sich nicht selbst ausgrenzten. Die Religionsfreiheit

des Mädchens müsse vor diesem Integrationsauftrag teilweise zurücktreten.

Erst im Juni hatte das Oberverwaltungsgericht

in Bremen geurteilt, dass muslimische Grundschülerinnen keinen Anspruch auf Befreiung

vom Schwimmunterricht haben. Im Grundschulalter könne von einem

persönlichen Gewissenskonflikt durch die Teilnahme am gemeinsamen Schwimmen für

Mädchen und Jungen noch nicht ausgegangen werden. Einen Befreiungsanspruch gebe

es erst nach Einsetzen der Pubertät. Auch das nordrhein-westfälische Schulministerium

hatte 2009 klargestellt, dass muslimische Schülerinnen und Schüler grundsätzlich

am Schwimmunterricht und an Klassenfahrten teilnehmen müssen.

Quelle: ntv.de, dpa