Politik

"Kein Preis für Humanismus" 25.000 protestieren gegen Erdogan

Mitglieder der Alevitischen Gemeinde Deutschlands machen in Bochum gegen Erdogan mobil.

Mitglieder der Alevitischen Gemeinde Deutschlands machen in Bochum gegen Erdogan mobil.

(Foto: dpa)

Erdogan sagt seinen Bochum-Besuch ab, die angekündigte Massen-Demonstration findet trotzdem statt: Etwa 25.000 Menschen sind gegen die Unterdrückung von Minderheiten in der Türkei auf die Straße gegangen. Dabei sollte Erdogan bei einer Gala für Menschlichkeit geehrt werden.

Mehr als 25.000 Menschen haben in Bochum friedlich gegen den türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan und dessen Politik demonstriert. Anlass war die geplante Auszeichnung Erdogans mit dem "Steiger Award" – eine Auszeichnung für Menschlichkeit und Toleranz. Der Regierungschef hatte seine Teilnahme an der Verleihung zwar wegen des Absturzes eines türkischen Militärhubschraubers in Afghanistan kurzfristig abgesagt. Die aus Protest gegen die Ehrung angemeldeten Kundgebungen fanden dennoch statt.

Erdogan leugnet die Verantwortung der Türkei für den Massenmord an Armeniern im frühen 20. Jahrhundert.

Erdogan leugnet die Verantwortung der Türkei für den Massenmord an Armeniern im frühen 20. Jahrhundert.

(Foto: dpa)

Der Ministerpräsident leugnet unter anderem die Verantwortung der Türkei für den Massenmord an den Armeniern im frühen 20. Jahrhundert. Lange Zeit durften Christen in der Türkei keine Kirchen besitzen. Kurden kein kurdisch sprechen. Zuletzt fiel Erdogan aber vor allem auf, weil er sich den Interessen von Minderheiten in der Türkei öffnete. So erlaubte er etwa kurdische Fernsehsender und entschuldigte sich für Massaker an den Aleviten in den 30er Jahren. Erdogan-Kritiker halten diese Zugeständnisse aber nur für Blendwerk für Erdogans Partner im Westen.

Allein dem Aufruf der Alevitischen Gemeinde in Deutschland folgten Polizeiangaben zufolge über 20.000 Menschen. "Wir fühlen uns nicht von Erdogan repräsentiert. Er ist ein lupenreiner Antidemokrat, der keinen Preis für Humanismus und Geradlinigkeit bekommen darf", sagte der Generalsekretär der Alevitischen Gemeinde, Ali Dogan. Die Begründung für die Absage Erdogans sei für ihn eine "Schutzbehauptung".

Die Aleviten nahmen erst an einer Kundgebung im Bochumer Fußballstadion teil und zogen dann zum Bergbaumuseum. Auf den Plakaten der Demonstranten standen Sprüche wie: "Hier werden die Menschenrechte verSTEIGERt" oder "Erdogan, du Absteiger".

Demonstranten aus ganz Deutschland reisen an

Außerdem hatten Kurden und Armenier zu Kundgebungen gegen Unterdrückung in der Türkei aufgerufen, an ihren Veranstaltungen beteiligten sich nach Polizeiangaben jedoch nur 400 beziehungsweise 80 Menschen. Insgesamt ging die Polizei am späten Nachmittag von etwas mehr als 22.000 Demonstranten aus. Vor Erdogans Absage waren bis zu 30.000 Teilnehmer erwartet worden. Busse kamen aus ganz Deutschland und auch aus europäischen Nachbarländern.

Die Aleviten warfen Erdogan die Unterdrückung ihres Glaubens vor. In dem Preis für Erdogan sahen die Protestierenden einen "Schlag ins Gesicht aller Minderheiten in der Türkei".

Den "Steiger Award" erhielten am Abend Königin Silvia von Schweden, Altbundespräsident Horst Köhler, Designer Wolfgang Joop, Journalist Peter Kloeppel, die Musiker Steven Sloane und Tim Bendzko sowie die Schauspieler Hannes Jaenicke und Christine Neubauer. Der Preis ist nach der traditionellen Aufsichtsperson im Bergbau, dem Steiger, benannt.

Quelle: ntv.de, dpa/rts

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