Studenten sind empört Erdogan missfallen gemischte Wohnheime
04.11.2013, 18:56 UhrIn Allgemeinen sind Studenten alt genug, um über ihr Leben zu entscheiden. Dass Studenten und Studentinnen aber in gemischten Wohnheimen wohnen, gefällt dem türkischen Ministerpräsidenten gar nicht. Er will jetzt einschreiten.
Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hat mit Kritik an gemischten Studenten-Wohnheimen für Empörung gesorgt. "Studentinnen und Studenten können nicht in einem Haus wohnen, das widerspricht unseren konservativ-demokratischen Strukturen", sagte Erdogan vor Mitgliedern seiner islamisch-konservativen Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) in Ankara. Er werde "auf die eine oder andere Weise" die Situation in den immer seltener werdenden gemischten Wohnheimen überwachen lassen.
Die säkulare Republikanische Volkspartei (CHP) forderte eine Erklärung, was Erdogan genau meine. "Wollen Sie mit Überwachung sagen, dass Sie, wie es die Sittenpolizei im Iran tut, die Kleidung der Studenten kontrollieren wollen?", fragte der einflussreiche CHP-Abgeordnete Umut Oran mit Blick auf die Äußerungen Erdogans. "Ist das nicht ein Eingriff in die Privatsphäre? Die Studenten sind groß genug, um über ihr Leben zu entscheiden", betonte der Oppositionspolitiker. Viele Nutzer von Internetforen äußerten sich ähnlich.
Erdogan wird seit langem vorgeworfen, die schleichende "Islamisierung" der Gesellschaft zu verfolgen. Seine Kritiker verweisen dabei auf die teilweise Aufhebung des Kopftuchverbots und Einschränkungen beim Alkoholverkauf. Im Juni gab es eine beispiellose Protestwelle gegen die Regierung. Auslöser war ein umstrittenes Bauprojekt im Istanbuler Gezi-Park, doch wandten sich die Proteste angesichts des rücksichtslosen Vorgehens der Polizei und der unnachgiebigen Haltung Erdogans bald allgemein gegen die Regierung.
Quelle: ntv.de, AFP