Politik

Dschibril zu Besuch in Brüssel HRW kritisiert Rebellen

HRW wirft den libyschen Rebellen Menschenrechtsverletzungen vor.

HRW wirft den libyschen Rebellen Menschenrechtsverletzungen vor.

(Foto: REUTERS)

In Brüssel kommt der libysche Rebellenführer Dschibril mit Vertretern von NATO und EU zusammen. Dabei sieht er sich auch mit Vorwürfen von "Human Rights Watch" konfrontiert. So hätten die Aufständischen bei ihrem Marsch auf Tripolis Menschenrechtsverletzungen begangen.

Ein Aufständischer in Ajdabiyah.

Ein Aufständischer in Ajdabiyah.

(Foto: REUTERS)

Vorwürfe zu Plünderungen, Brandstiftungen und Gewalt gegen Zivilisten haben den Besuch einer Delegation der libyschen Rebellen in Brüssel überschattet. "Human Rights Watch" (HRW) warf den Aufständischen vor, bei ihrem Vormarsch auf Tripolis in den vergangenen Wochen Menschenrechtsverletzungen begangen zu haben. Der libysche Rebellenführer Mahmud Dschibril wies die Anschuldigungen bei einem Besuch in Brüssel zurück.

Wie Human Rights Watch forderte, sollten die Rebellen-Streitkräfte jeden, der in ihren Reihen für Plünderungen, Brandstiftungen und die Verletzung von Menschenrechten in den eroberten Städten verantwortlich ist, zur Rechenschaft ziehen. Der stellvertretende HRW-Direktor für den Nahen Osten und Nordafrika, Joe Stork, sagte: "Die Oppositionsführer sollten alle Misshandlungen durch Rebellen stoppen und bestrafen." Die Rebellenführer hätten die Pflicht, Zivilisten und ihr Eigentum zu schützen.

In vier Städten im Nafusa-Gebirge, die die Regimegegner in den vergangenen vier Monaten eingenommen hätten, haben nach HRW-Angaben Kämpfer der Rebellen und ihre Helfer Eigentum beschädigt. Sie hätten Häuser angezündet sowie Krankenhäuser, Wohnungen und Geschäfte geplündert. Außerdem sollen sie einige Menschen geschlagen haben, die angeblich die Regierungstruppen unterstützt hätten.

Dschibril sieht Besserung

Die Organisation konnte nach eigenen Angaben einige Übergriffe beobachten. Sie hätte Zeugen befragt und mit einem Rebellenkommandeur gesprochen. Der Oberst habe Übergriffe zugegeben. Dabei seien Befehle für die Rebellenstreitkräfte missachtet worden. Er verwies darauf, dass einige Leute bestraft worden seien. Er habe jedoch nicht gesagt, um wie viele Menschen es sich gehandelt habe und um welche Delikte es gegangen sei, hieß in der Mitteilung von Human Rights Watch.

Dschibril räumte "einige Vorfälle" ein.

Dschibril räumte "einige Vorfälle" ein.

(Foto: AP)

Rebellenführer Dschibril räumte bei seinem Besuch in Brüssel "einige Vorfälle" und Menschenrechtsverletzungen in den ersten Wochen des Aufstands gegen Machthaber Muammar al-Gaddafi ein. Dies sei jedoch "in befreiten Zonen nicht mehr der Fall", ergänzte er.

Die Nummer zwei des Nationalen Übergangsrats der Rebellen war zu Gesprächen mit Vertretern von EU und NATO nach Brüssel gereist. Seine Delegation wurde erstmals am Sitz der NATO vom Nordatlantikrat der 28 Mitgliedsländer und von NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen empfangen. Unter der Führung des Militärbündnisses fliegt seit Mitte März eine internationale Koalition Angriffe auf Truppen von Gaddafi.

Rasmussen verspricht weitere Militärhilfe

Die Aufständischen hätten eine "große Verantwortung", Libyen mit einem "weichen Übergang" in eine "demokratische und offene Zukunft" zu führen, erklärte Rasmussen. Die Vertreter des Übergangsrats hätten der NATO "ihre Vision von der Zukunft" des Landes vorgestellt. Diese gründe sich auf Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und den Respekt von Menschenrechten. Gleichzeitig sicherte der Generalsekretär den Rebellen weitere Militärschläge zu: "Die NATO-Einsätze zum Schutz von Zivilisten müssen fortgeführt werden." Trotzdem sei eine politische Lösung des Konflikts notwendig. Am Dienstag hatte die französische Regierung, die die Rebellen auch mit Waffen beliefert, vom Parlament grünes Licht für eine Fortsetzung der Angriffe bekommen.

Der Rebellenführer kam in Brüssel auch mit EU-Kommissionspräsident Barroso zusammen.

Der Rebellenführer kam in Brüssel auch mit EU-Kommissionspräsident Barroso zusammen.

(Foto: dpa)

Mit EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso sprach Dschibril über den Wiederaufbau des Landes. "Die Größe und das Ausmaß der Zerstörung in libyschen Städten ist unvorstellbar", sagte Dschibril. Die Revolution sei nach fünf Monaten an einem Scheideweg angekommen, ergänzte er vor EU-Abgeordneten. Vorrangig sei es, die "Tötungsmaschine" der Gaddafi-Truppen mit einer Waffenruhe zu stoppen und "humanitäre Korridore" zu schaffen, um Menschen zu helfen.

Der Vize-Chef der Aufständischen dankte den Europäern und der Kommission ausdrücklich für ihre Unterstützung. Barroso erklärte: "Die EU ist der größte Geber von humanitärer Hilfe in und um Libyen." Bisher seien etwa 140 Millionen Euro geflossen, davon 80 Millionen Euro von der EU-Kommission. "Wir wollen einem demokratischen Libyen helfen."

Auswärtiges Amt gibt Gelder frei

Um die Menschen in den früheren Kampfgebieten im Osten Libyens besser vor Minen und Blindgängern zu schützen, gab das Auswärtige Amt in Berlin Fördergelder für zwei Projekte frei. Demnach wird mit etwa 160.000 Euro ein Schweizer Projekt gefördert, bei dem ausgebildete Teams ein halbes Jahr lang Blindgänger entschärfen sollen. Rund 135.000 Euro sollen demnach in ein Projekt fließen, das die Bevölkerung für die Gefahren von Landminen und Blindgängern sensibilisieren soll.

Will ohne Gaddafi verhandeln: Libyens Regierungschef al-Mahmudi.

Will ohne Gaddafi verhandeln: Libyens Regierungschef al-Mahmudi.

(Foto: REUTERS)

Inzwischen ist die libysche Regierung zu Verhandlungen ohne die Beteiligung von Gaddafi bereit. "Der Revolutionsführer wird nicht in die Diskussion eingreifen. (...) Gaddafi wird den Willen des Volkes respektieren", versicherte Ministerpräsident Al-Baghdadi Al-Mahmudi der Zeitung "Le Figaro". Die Regierung sei zu Verhandlungen ohne Vorbedingungen bereit. "Wir haben kein Problem, mit den Vertretern des Übergangsrats (der Rebellen) zu reden, wir kennen sie gut, einige waren ja bis vor kurzem noch in der Regierung", fügte er hinzu.

Behörden ermitteln

Unterdessen haben die libyschen Behörden nach eigenen Angaben eine Untersuchung zum Schicksal mutmaßlich entführter Kinder aus einem Waisenhaus in Misrata eingeleitet. Die 105 Kinder seien nach der Bombardierung der inzwischen von Rebellen kontrollierten Stadt im Westen des Landes entführt worden, erklärte Sozialminister Ibrahim Scharif. Es handle sich um 52 Jungen und 53 Mädchen. Seit Wochen gebe es keine Nachricht von ihnen.

Zeugen hätten ausgesagt, die Kinder an Bord eines türkischen Schiffes gesehen zu haben, so Scharif. Andere hätten von einem italienischen oder französischen Schiff gesprochen. "Wir wollen die Wahrheit und werden diese Länder für das Schicksal der Kinder verantwortlich machen." Scharif zufolge soll ein festgenommener Arzt der Rebellen ausgesagt haben, die Kinder seien nach Italien und Frankreich gebracht worden.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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