Armee bereitet sich auf Unruhen vorIsrael fürchtet "Naksa"-Tag

Der Jahrestag des Ausbruchs des Sechs-Tage-Kriegs jährt sich wieder - und Israels Sicherheitskräfte sind in Alarmbereitschaft. Ein verstärktes Polizeiaufgebot patroulliert Jerusalem, an den Grenzen erwartet die Armee Massendemonstrationen. Auch die Entsendung einer neuen Gaza-Flottille sorgt in Israel für Unruhe.
Mit verstärktem Polizeiaufgebot bereitet sich Israel auf
den "Naksa"-Tag, den Jahrestag des Ausbruchs des Sechs-Tage-Kriegs
vor. Wegen erwarteter Unruhen positionieren sich in Jerusalem Polizisten rund
um den Tempelberg und die Altstadt. Die israelische Armee erhielt zudem die
Anweisung, keine Verletzung der Grenzen Israels zuzulassen. Die Soldaten
sollten "mit Zurückhaltung aber mit Bestimmtheit" alle Versuche
unterbinden, erneut die Grenzen zu stürmen, sagte Premierminister Benjamin
Netanjahu.
Vor dem Sicherheitsausschuss der Knesset erklärte
Generalstabschef Benny Gantz, dass sich die Armee, ausgestattet mit neuen
Waffen, auf bevorstehende Massendemonstrationen in den besetzten Gebieten und
an den Grenzen vorbereitet habe. Neben Gefahren "vom Messer bis zur
Atombombe" sei Israel mit einem neuen Feind konfrontiert: die arabische
Straße.
In Jordanien, Gaza, Syrien und Libanon wird dazu
aufgerufen, an diesem Sonntag erneut die Grenzen Israels zu stürmen, unter dem
Motto: "Wir wollen unser Land in Palästina zurückhaben." Am Sonntag
jährt sich der Ausbruch des Sechs-Tage-Kriegs, der 1967 mit einer gewaltigen
Niederlage der arabischen Staaten endete sowie mit der israelischen Besatzung
der Sinai-Halbinsel, des Gazastreifens, Westjordanlandes und der syrischen
Golanhöhen. Erst am diesjährigen , dem Jahrestag der Gründung
Israels am 15. Mai 1948, stürmten Tausende Libanesen und palästinensische
Flüchtlinge in Syrien die Grenzen zu Israel. Auf den Golanhöhen wurde der
Grenzzaun stellenweise zerstört. Es gab mehrere Tote. Inzwischen haben die
Israelis den Zaun repariert und verstärkt. Die Schießbefehle der Soldaten
wurden "aufgefrischt".
Gaza-Flottille sticht wieder in See
Aber nicht nur der bevorstehende Naksa"-Tag bereitet
Israel Sorgen. Am 8. Juli soll erneut ein Gaza-Flottille von Istanbul aus in See
stechen. Ihr Ziel ist es, die israelische Seeblockade des
Palästinensergebietes zu durchbrechen. Vor einem Jahr waren bei einer ähnlichen
Aktion neun türkische pro-palästinensische Aktivisten getötet, als israelische
Eliteeinheiten das Kreuzschiff "Mavi Marmara" enterten. Der
israelische Militärsprecher erklärte nun, noch nicht veröffentlichte Fotos von
Aktivisten auf der "Mavi Maramara" mit Schusswaffen gefunden zu
haben. Laut Matthias Jochheim von der Organisation "Internationale Ärzte
für die Verhütung des Atomkriegs" ging es bei der Aktion damals weniger
darum, Hilfsgüter an die palästinensischen Bewohner des Gazastreifens zu
liefern, als vielmehr im Rahmen eines "zivilen Ungehorsams" die
israelische Blockade zu durchbrechen.
Die israelische Armee hält für die nächste
blockadebrechende Flotte hohen Marineoffizieren zufolge "einige
Überraschungen" bereit. Seit dem Zwischenfall auf der "" vom vergangenen Jahr trainiert die Marine und will zum 8. Juli
"alle Reservisten" einziehen. Die Soldaten sollen mit nicht-tödlichen
Waffen für den Einsatz gegen Demonstranten ausgestattet werden. "Die
Soldaten werden nicht mehr einzeln vom Hubschrauber abgeseilt werden",
erklärte der Generalstabschef. Sie würden "auf einen Schlag" die
Schiffe entern.
Noch ist unklar, wie viele Schiffe an der nächsten
Flottille beteiligt sein werden. Ursprünglich war die Rede von 50 Booten. Ein
Sprecher der türkischen Organisation IHH, Veranstalter der Flottille, redet nur
noch von 14 Schiffen mit 1500 Aktivisten aus 100 Ländern an Bord. Der türkische
Außenminister warnte Israel davor, der erneuten maritimen Demonstration mit
Gewalt zu begegnen.
Auch auf Flughäfen wollen Aktivisten am 8. Juli für
mehr Rechte für Palästinenser demonstrieren. Laut einem Fernsehbericht
haben zwischen 500 und 1000
Friedensaktivisten aus Europa Flüge nach Israel gebucht, um bei ihrer Ankunft
in Tel Aviv bei der Passkontrolle zu erklären, dass ihr Reiseziel
"Palästina" sei. "Weltweite Empörung und eine Verurteilung
Israels wird die Flughafenbehörden zwingen, die Friedensaktivisten nach Palästina einzulassen", heißt es in einem
Bericht von Press-TV in Paris.
Der Nahe Osten ist sein Metier. Ulrich W. Sahm berichtet seit Mitte der 1970er Jahre aus der Region. Er ist immer auf der Suche nach der Geschichte hinter der Nachricht.