Politik

Falsches Signal in diesen TagenMehr Geld für Bundesbeamte

06.06.2010, 10:39 Uhr

Der Staat muss sparen - dennoch wird fast zeitgleich mit einer Sparklausur des Bundeskabinetts über eine fünfprozentige Einkommenssteigerung für Beamte und Pensionäre beraten, die den Steuerzahler eine Milliarde Euro kosten wird. Das bereitet selbst der Union Bauchschmerzen.

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(Foto: picture alliance / dpa)

Die Bundesregierung plant nach einer Zusammenstellung des Bundes der Steuerzahler trotz der Finanzkrise für Beamte Einkommenssteigerungen in Höhe von fast fünf Prozent. Der Bundestag werde am Donnerstag über einen Gesetzentwurf zur Erhöhung der Bezüge für Beamte und Pensionäre um 2,1 Prozent bis Mitte 2011 beraten, sagte der Geschäftsführer der Steuerzahler-Bundes, Reiner Holznagel, der "Bild am Sonntag". Zudem verdoppelten sich die Sonderzahlungen für die Bundesbeamten. Insgesamt mache dies für die 313.000 Bundesbeamten, Richter und Zeitsoldaten in anderthalb Jahren eine "unverantwortliche Gehaltssteigerung" von 4,6 Prozent aus. Den Steuerzahler werde dies bis Ende 2012 rund eine Milliarde Euro kosten.

Angesichts der sonstigen Haushaltsprobleme forderte Holznagel: "Der Bundestag muss das sofort stoppen." Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihre Minister profitieren laut Steuerzahler-Bund von der Gehaltssteigerung bei den Beamten, da ihre Gehälter an die Beamtenbezahlung gekoppelt seien. So steige das Monatsgehalt der Kanzlerin um 334 auf 16.160 Euro, das ihrer Ministerkollegen um 271 Euro auf rund 13.130 Euro.

Zweifel bei der Union

Vor der Haushaltsklausur der Bundesregierung regen sich auch in der Koalition Zweifel an der geplanten Gehaltsaufstockung für die Staatsdiener. Unionsfraktionsvize Michael Fuchs (CDU) sagte der Zeitung: "Alle Ausgaben müssen überprüft werden. Dazu gehören auch die Gehaltssteigerungen für Beamte."

Für den Vorsitzenden der CDU-Mittelstandsvereinigung, Josef Schlarmann, ist die geplante Gehaltserhöhung für die Beamten "das völlig falsche Signal in diesen Tagen".

Beamtenbund warnt vor Einschnitten

Der dbb Beamtenbund warnt vor weiteren Kürzungen im öffentlichen Dienst. "1990 waren 5,3 Millionen Menschen im öffentlichen Dienst beschäftigt. Heute sind es noch 3,7 Millionen, davon 1,6 Millionen Beamte", sagte der dbb-Bundesvorsitzende Peter Heesen. "Wir haben inzwischen ein Qualitätsproblem."

So habe die Zahl der Lebensmittelskandale deutlich zugenommen. Diese kriminelle Energie könne nur mit hohem Kontrolldruck bekämpft werden. "Heute kommt aber auf 1000 fleischverarbeitende Betriebe ein Lebensmittelkontrolleur, früher waren es in Westdeutschland rund 300 Betriebe", beklagte der Gewerkschafter. Der Staat habe der Wirtschaft vertraut, "die würden das schon ordentlich machen - jetzt haben wir den Salat". Heute seien die Kontrollen nicht mehr wirkungsvoll.

Zu viel Arbeit für immer weniger Beamte

Das gleiche Problem gebe es auch in der Steuerverwaltung, wo viele Betriebsprüfer fehlten. Nachdem eine CD mit Schweizer Bankdaten aufgetaucht sei, hätten sich mehr als 20.000 Steuersünder freiwillig angezeigt und dabei ein Vermögen von insgesamt 1,2 Milliarden Euro gemeldet. Wer heute eine Steuerprüfung hat, könne sich fast darauf verlassen, dass die nächsten 15, 16 Jahre kein Prüfer mehr kommt.

Mit Blick auf die Demografie sei es wichtig, dass die Bezahlung im öffentlichen Dienst der in der Wirtschaft angeglichen wird. Denn die Zahl der Bewerber werde weiter schrumpfen. Gleichzeitig sei das Durchschnittsalter so hoch, dass in den kommenden zehn Jahren 20 Prozent der Beschäftigten aus Altersgründen den öffentlichen Dienst verlassen werden, sagte Heesen.

"Behutsame" Gehaltssteigerungen

Seit 1997 seien die Gehälter im öffentlichen Dienst um insgesamt 8,6 Prozent gestiegen, in anderen Ländern lägen die Steigerungsraten bei etwa 30 Prozent. "Wir haben da sehr behutsam gehandelt", betonte Heesen. Deutschland sei zudem mit einem Anteil von 11,2 Prozent Beamten und Angestellten im öffentlichen Dienst im europäischen Vergleich das "zweitgünstigste" Land, nur in der Slowakei liege der Anteil noch darunter. In Frankreich seien es dagegen 22 und in Skandinavien sogar rund 30 Prozent.

Quelle: dpa/AFP/rts