Türkische Schulen Merkel lehnt Erdogans Idee ab
26.03.2010, 07:45 UhrMit seiner Forderung nach türkischen Gymnasien in Deutschland stößt Ministerpräsident Erdogan auf Kritik und Ablehnung - auch bei Türken. Auch Kanzlerin Merkel, die in der kommenden Woche Ankara besucht, hält "nichts" davon. Türkisch als Fremdsprache zu lehren ist dagegen für etliche Politiker vorstellbar.

Erdogans Forderung nach türkischen Schulen in Deutschland ist nicht neu.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lehnt die Forderung des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan ab, türkische Gymnasien in Deutschland einzurichten. "Das führt aus meiner Sicht nicht weiter, denn grundsätzlich sollten türkischstämmige Kinder und Jugendliche bei uns in deutsche Schulen gehen", sagte sie der "Passauer Neuen Presse". "Von der Vorstellung, dass alle türkischen Schüler hier auf ein türkisches Gymnasium gehen sollen, halte ich nichts."
Am Montag kann sich Erdogan darüber mit der Kanzlerin in Ankara persönlich unterhalten. Auch die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), wird dabei sein. Laut Böhmer gibt es bereits türkische Gymnasien in Deutschland. "Spezielle Bildungsangebote für türkischstämmige Kinder und Jugendliche fördern aber nicht die Integration", so Böhmer, "wir möchten, dass Schule ein Ort der Begegnung und des Miteinanders ist". Bisher gibt es rund ein halbes Dutzend türkische Schulen in Deutschland.
Die Forderung von Erdogan ist nicht neu. Der türkische Ministerpräsident hatte in einem "Zeit"-Interview wie schon 2008 in Köln die Einführung türkischsprachiger Schulen in Deutschland verlangt. Seine Begründung: In der Türkei gebe es auch deutsche Gymnasien. Außerdem könnten viele in Deutschland lebende Türken gar nicht richtig Türkisch.
Ablehnung auch bei Türken
"Wenn Erdogan damit sagen will, dass der Unterricht in solchen Gymnasien komplett auf Türkisch stattfinden soll, halten wir das für einen großen Fehler", sagte der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, der Zeitung "Die Welt". Zudem seien Erdogans Äußerungen, wonach Türken zunächst ihre Muttersprache beherrschen müssten, bevor sie Deutsch lernen könnten, schlicht falsch.
Der FDP-Bundestagsabgeordnete Serkan Tören bezweifelt, dass Erdogan den Auslandstürken in Deutschland einen Dienst erweist: "Vielmehr müssen wir Kinder aus Familien, in denen Türkisch gesprochen wird, viel früher an die deutsche Sprache heranführen", sagte er der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung". Die Hamburger SPD-Parlamentarierin Aydan Özoguz sagte der Zeitung: "Der Ruf nach türkischen Privatschulen ist legitim, allerdings ist bei solchen Elitegymnasien nicht davon auszugehen, dass sie Integrationsprobleme lösen." Auch die Grünen-Abgeordnete Ekin Deligöz bezweifelt den Nutzen türkischer Gymnasien zur Sprachförderung: "Türkische Migrantenkinder, die die Gymnasialreife erlangen, haben keine Sprachprobleme."
Falsches Signal für Eingliederung
Von einem falschen Signal sprach der hessische Integrationsminister Jörg-Uwe Hahn (FDP). Ziel müsse es sein, türkischstämmige Migranten rasch in die deutsche Gesellschaft einzugliedern. Durch Schulunterricht in Türkisch würden sie hingegen weiterhin abgesondert. Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte der Münchner Zeitung "tz", mit seinem Vorschlag habe Erdogan der Integration türkischer Bürgerinnen und Bürger in Deutschland einen "Bärendienst" erwiesen. "Er demonstriert immer mehr einen neuen türkischen Imperialismus und Nationalismus, der für uns Deutsche unerträglich ist."
Kritik an "nationalem Ton"
Ähnlich äußerte sich der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele. "Mir gefällt der nationale Ton überhaupt nicht", sagte er der "Saarbrücker Zeitung". Besser seien deutsch-türkische Schulen, an denen beide Sprachen gleichwertig nebeneinander gelehrt würden. Der bildungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Albert Rupprecht, sagte, nur wer die deutsche Sprache gut beherrsche, könne in der Schule und im Berufsleben erfolgreich sein und am gesellschaftlichen Leben in Deutschland teilhaben.
Der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Josef Krauss, hatte in der "Rheinischen Post" nichts dagegen einzuwenden, dass Türkisch als zweite oder dritte Fremdsprache an deutschen Gymnasien gefördert wird, um die Sprachkompetenz der jungen Türken zu stärken. Aber klar sei, dass Deutschland von hier lebenden Türken, bei aller Rücksicht auf kulturelle Herkunft, nicht nur Integration, sondern auch Assimilation verlangen müsse.
Quelle: ntv.de, dpa