Politik

Ringen um EU-KommissionsspitzeMerkel wollte erst gegen Juncker stimmen

01.06.2014, 16:38 Uhr
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Das Votum des EU-Parlaments bezeichnete Angela Merkel als "Kriegserklärung". (Foto: AP)

Jean-Claude Juncker will neuer EU-Kommissionschef werden. Doch der Luxemburger erfährt nicht nur Zustimmung. Sein lautester Gegner ist der britische Premier Cameron - auch Kanzlerin Merkel soll damit gedroht haben, Juncker zu blockieren.

Jean-Claude Juncker ist zwar als Sieger aus der Europawahl hervorgegangen, doch sein Platz an der europäischen Kommissionsspitze ist umstritten. Stimmung gegen den Luxemburger macht vor allem Großbritanniens Premier David Cameron. Aber nicht nur er. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel soll beim EU-Gipfel am vergangenen Dienstag damit gedroht haben, den Luxemburger als Kommissionspräsidenten zusammen mit Großbritannien zu blockieren. Das berichtet der "Spiegel". Dem Nachrichtenmagazin zufolge hatte Cameron die Kanzlerin mit der Warnung unter Druck gesetzt, bei einem Mehrheitsvotum für Juncker könne er den Verbleib Großbritanniens in der EU nicht länger garantieren.

Merkel reagiere mit ihrer Warnung auf einen Vorschlag von Donald Tusk, so der "Spiegel". Der polnische Ministerpräsident hatte gefordert, der Europäische Rat möge Juncker mit den Verhandlungen über die Bildung der nächsten EU-Kommission beauftragen. Merkel entgegnete daraufhin, sie werde mit ihrem deutschen Stimmenpaket dafür sorgen, dass eine Sperrminorität zustande komme und gemeinsam mit unter anderem dem britischen Premierminister David Cameron gegen Juncker votieren. Das Votum des Europaparlaments für Juncker bezeichnete sie vor dem Treffen als "Kriegserklärung".

Juncker spricht von Erpressung

Cameron soll Juncker zudem als "Gesicht der 80er Jahre" diffamiert haben. Ein Sprecher der Downing Street in London wollte den "Spiegel"-Bericht, der sich auf Teilnehmerkreise des EU-Gipfels vom Dienstag beruft, nicht kommentieren. "Wir geben keine Kommentare zu vertraulichen Gesprächen ab", sagte der Sprecher gegenüber der Deutschen Presseagentur. Juncker selbst reagierte in einem Interview der "Bild am Sonntag": "Die EU muss sich nicht erpressen lassen", sagte er.

Er habe die Unterstützung "einer breiten Mehrheit christdemokratischer und sozialistischer Staats- und Regierungschefs" in Europa und sei deshalb "zuversichtlich, Mitte Juli zum nächsten Kommissionspräsidenten gewählt zu werden". Nun komme es darauf an, "auch die übrigen Regierungschefs mit an Bord zu holen".

Alle Zeichen stehen auf Juncker

Merkel, die Juncker im Wahlkampf als Spitzenkandidat unterstützt hatte, hatte nach dem EU-Gipfel vergangene Woche zunächst ihre Rückendeckung für den Luxemburger aufgeweicht und erklärt, alles sei möglich. Erst nach scharfer Kritik an ihrem Zögern sprach sie sich am vergangenen Freitag schließlich doch für den Europawahl-Sieger Juncker aus.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier stellt sich auf Luxemburgs Ex-Premier Jean-Claude Juncker als künftigen Präsidenten der EU-Kommission ein. "Ich sehe mit Zuversicht, dass sich die Debatte in dieser Richtung entwickelt", sagte Steinmeier. Der SPD-Politiker verwies auf die Vereinbarung zwischen Konservativen und Sozialdemokraten, wonach Kommissionspräsident wird, wer im Europaparlament die größere Fraktion hinter sich vereinen könne. "Das ist nach Lage der Dinge Herr Juncker."

Quelle: ntv.de, dsi