Politik

Anklageverlesung in Den Haag Mladic-Termin am Freitag

16 Jahre nach Ende des Bürgerkrieges ist der frühere Militärführer der bosnischen Serben in der Hand des UN-Kriegsverbrechertribunals in Den Haag. Dort muss sich Mladic, auch der "Schlächter von Srebrenica" genannt, wegen Völkermordes verantworten. Am Freitag hat er seinen ersten Gerichtstermin.

Serge Brammertz bei der Verkündung des Gerichtstermins.

Serge Brammertz bei der Verkündung des Gerichtstermins.

(Foto: dpa)

Der schwerster Kriegsverbrechen angeklagte serbische Ex-General Ratko Mladic wird am Freitag erstmals vor seinen Richtern im UN-Tribunal erscheinen. Das kündigte die Anklagebehörde in Den Haag an. Chefankläger Serge Brammertz misst dem Prozess besondere Bedeutung zu, weil Mladic "die mächtigste Figur in Bosnien-Herzegowina war". "Mladic war der höchste Militär während des Krieges", sagte Brammertz in Den Haag.

Der 69-Jährige war nach fast 16-jähriger Flucht am vergangenen Donnerstag in Serbien gefasst und am Dienstag an das Tribunal ausgeliefert worden. Mladic wurde unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen in das Gefängnis von Scheveningen gebracht. Bei dem Termin am Freitag wird ihm die Anklage verlesen, anschließend muss er sich für schuldig oder unschuldig bekennen.

Noch immer arbeiten Forensiker an der Aufklärung des Massakers von Srebrenica.

Noch immer arbeiten Forensiker an der Aufklärung des Massakers von Srebrenica.

(Foto: REUTERS)

Der Ex-General und der politische Serbenführer Radovan Karadzic, dessen Prozess bereits seit eineinhalb Jahren läuft, seien die "Hauptverantwortlichen" für die schwersten Kriegsverbrechen in Europa seit 1945, sagte der Ankläger weiter. Dazu zählten die sogenannten ethnischen Säuberungen, also die Vertreibung von Muslimen und Kroaten, der dreijährige Beschuss von Sarajevo, der Völkermord in Srebrenica  mit rund 8000 Toten und die Geiselnahme von UN-Blauhelmen während des Bosnien-Kriegs (1992-1995). Mladic werde ein "faires Verfahren" bekommen, in dem er alle seine Verteidigungsrechte wahrnehmen könne.

Die immer wieder ins Spiel gebrachte Zusammenlegung des Verfahrens von Mladic und Karadzic sei "nicht wahrscheinlich", sagte Brammertz der Belgrader Zeitung "Novosti". Der Prozessauftakt gegen Mladic hänge davon ab, wie viel Zeit dieser zur Vorbereitung seiner Verteidigung benötige. Die Anklage sei bereit, sofort in den Prozess einzusteigen. Sie habe ihr Beweismaterial schon längst zusammengetragen, weil "wir das schon oft in anderen Prozessen genutzt haben", sagte der Ankläger weiter.

Längerer Krankenhausaufenthalt

Unterdessen werden immer mehr Einzelheiten über die Flucht von Mladic bekannt. Während die Behörden am Vortag mitgeteilt hatten, er habe sich in den letzten sechs Jahren in und um Belgrad versteckt, berichtete sein Anwalt, er sei 2009 in einem Belgrader Krankenhaus behandelt worden. Der frühere Militärchef der bosnischen Serben habe die Zeit von April bis Juli 2009 in einer nicht näher bezeichneten staatlichen Klinik in der Hauptstadt verbracht, sagte Anwalt Milos Saljic. Dort sei er operiert worden und habe eine Chemotherapie erhalten.

Mladic sitzt nun unter Hochsicherheitsbedingungen in Scheveningen.

Mladic sitzt nun unter Hochsicherheitsbedingungen in Scheveningen.

(Foto: AP)

Schon früher war in den Medien spekuliert worden, der frühere Militärchef der bosnischen Serben im Bürgerkrieg (1992-1995) sei im Militärkrankenhaus in Belgrad behandelt worden. Der heutige serbische Gesundheitsminister Zoran Stankovic war von 2002-2005 Direktor des Militärkrankenhauses und dann Verteidigungsminister. Stankovic, der sich öffentlich als Freund von Mladic erklärt hatte, war auch zu einem Besuch des Generals nach dessen Verhaftung in der Gefängniszelle erschienen.

Während zahlreiche Sicherheitsexperten behaupten, die Regierung in Belgrad habe immer gewusst, wo sich Mladic bei seiner 16-jährigen Flucht aufhält, hatte Staatspräsident Boris Tadic das als "Blödsinn" bezeichnet. Die Behörden hätten den Angeklagten sofort verhaftet, nachdem sie sein Versteck bei der Stadt Zrenjanin nördlich von Belgrad entdeckt hätten.

Quelle: ntv.de, dpa

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