Politik

Insider-Bericht aus der Ostukraine Moskaus Marionetten-Theater

Angeblich sind auch die Leibwächter von Alexander Sachartschenko, dem Ministerpräsident der selbsternannten Volksrepublik Donezk, Russen.

Angeblich sind auch die Leibwächter von Alexander Sachartschenko, dem Ministerpräsident der selbsternannten Volksrepublik Donezk, Russen.

(Foto: REUTERS)

Einst sei er begeisterter Separatist gewesen. Doch als er verstanden habe, dass der Wille der Einheimischen in der Ostukraine nichts zähle, habe er sich abgewendet. Jetzt versucht der Insider einen tiefen Einblick in Russlands Rolle in den Volksrepubliken zu geben.

Russlands Präsident Wladimir Putin behauptete es immer wieder: Auf die Separatisten in der Ostukraine habe er keinen Einfluss. Und die Führer der Separatisten hoben stets ihre Unabhängigkeit von Moskau hervor. Ob das wirklich stimmt, ist fraglich. Glaubt man den Berichten eines Insiders, wirkt dieses Gerede gar wie eine Farce.

"Die Volksrepubliken Donezk und Lugansk sind von Anfang bis Ende nur ein Kreml-Projekt zur Destabilisierung der Ukraine - wir Einheimischen sind nur sprechende Marionetten", sagt der Mann, der seinen Namen aus Angst um sein Leben nicht preisgeben will.

Der "Süddeutschen Zeitung" ist es gelungen, den "hochplatzierten" Informanten für sich zu gewinnen. Der einstige Separatist hatte dem Blatt zufolge über Monate Einblick in die Arbeit der Rebellenregierung. Er war bei ihren Sitzungen dabei, erlebte, was im Militär geschah. Im Herbst 2014 stieg er aus. Er war desillusioniert ob der "Wahrheit" über das Wesen der neuen Staatsgebilde im Osten. Über gute Kontakte in die Volksrepublik verfügt er eigenen Angaben zufolge weiterhin.

Neu ist die These, dass Russland die Entwicklungen in der Ostukraine steuert, freilich nicht. Längst ist bekannt, dass russische Geheimdienstmänner wie Igor Strelkow (Girkin) oder Alexander Borodai zu Beginn des Konflikts die Separatisten anführten. Die Berichte des Insiders gewähren womöglich aber einen Einblick in die Strukturen vor Ort, der weit über das bekannte Personal hinausgeht.

Keine Entscheidung ohne Zustimmung des Kreml

Auch nachdem Russland Strelkow und andere Männer abzog, blieb der Einfluss Moskaus laut der Quelle der "Süddeutschen Zeitung" groß. Der Insider berichtet von Büros des russischen Geheimdienstes GRU in den Volksrepubliken und einem neuen "Ministerium für Staatssicherheit". Allein in Donezk hätten "mehrere Hundert Russen Schüsselpositionen im Militär und der zivilen Verwaltung eingenommen", sagt er. Selbst die Leibwächter der neuen einheimischen Führungskräfte der Volksrepublik wie dem Ministerpräsidenten Alexander Sachartschenko seien Russen. Auch wenn nun echte Ukrainer die Spitze der Volksrepubliken repräsentieren, überlässt Moskau also offenbar nichts dem Zufall.

Männer wie Sachartschenko können laut dem Insider keine Entscheidung ohne Zustimmung des Kreml treffen. "Ob es um den Ausstieg aus dem ukrainischen Bankensystem, den Aufbau einer Rebellenbank, die Einführung des Rubels, russischer Schulbücher oder um Baumaterial für zerstörte Häuser geht - alles wird durch russische Fachleute unter Leitung des Militärs koordiniert", sagt der Informant. "Bei einem einzigen Inspektionsbesuch waren etwa 50 Spezialisten des russischen Bildungsministeriums, kommunaler Dienste, des Gesundheitswesens oder des Katastrophenschutzes in Donezk - koordiniert von einem russischen Offizier in Uniform, der die ganze Zeit per Satellitentelefon mit Moskau telefonierte." Obendrein werde die Regierung auch von Russland finanziert. "Das Geld wird bar in Koffern über die Grenze gebracht." Ein Kassenwart des Kreml hätte es dann vor Ort an die Separatisten verteilt.

Der Kreml bleibt trotz der Behauptungen des Insiders bei seiner Darstellung. Moskau dementierte, als die "Süddeutsche Zeitung" offiziell anfragte. Der Informant wiederum warnt seine Landsleute außerhalb der Volksrepubliken, weiterhin auf Russland zu setzen. Er sagte: "Keiner von ihnen weiß, worauf er sich einlässt, wenn Moskau das Sagen hat."

Quelle: ntv.de, ieh

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