Diskussion um Flugsicherheit Nackt trotz Kleidung
29.12.2009, 19:06 UhrMit blanker Haut über den Atlantik, das wäre zwar die sicherste Lösung für den Flugverkehr, aber wohl nicht die populärste. Stattdessen wird über Ganzkörperscanner diskutiert. Union und FDP sind einer Einführung nicht abgeneigt, andere Parteien reagieren entsetzt und berufen sich auf das Grundgesetz. Im Hintergrund werden die neuen Geräte bereits getestet.
Nach dem vereitelten Anschlag auf ein US-Flugzeug wächst bei Union und FDP die Bereitschaft, an deutschen Flughäfen Körperscanner zur Passagierkontrolle zuzulassen. Voraussetzung sei aber, dass die Intimsphäre der Fluggäste gewahrt bleibe, erklärten Vertreter der Regierungsparteien, und verwiesen auf Fortschritte bei den laufenden Tests mit den Geräten. Grüne und Linke lehnten den Einsatz von Scannern als Verstoß gegen die Menschenwürde strikt ab. Damit berufen sich die beiden Parteien auf das Grundgesetz. An deutschen Flughäfen wurden die Sicherheitsmaßnahmen nochmals verschärft. Die Passagier- und Handgepäckkontrollen seien "zielgerichtet" erhöht worden, erklärte das Bundesinnenministerium.
Am Freitag hatte ein 23-jähriger Nigerianer versucht, ein Flugzeug aus Amsterdam kurz vor der Landung im US-amerikanischen Detroit zum Absturz zu bringen. Eine Untergruppe des Terrornetzes El Kaida im Jemen übernahm die Verantwortung. Weitere Anschläge auf Ziele in den USA sind wohl bereits geplant. "Die Bundesregierung nimmt den Anschlagversuch in den USA sehr ernst", sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière. Es gebe aber keinen Anlass für unnötige Panik. Der Minister bat die Fluggäste um Verständnis für die intensiveren Kontrollen und riet ihnen, möglichst wenig Handgepäck mitzunehmen.
Geheimtests der Bundespolizei
Nach Ansicht von Experten wäre der Detroit-Attentäter mit einem Körperscanner wohl erwischt worden. Jedoch böten auch die neuartigen Ganzkörperscanner keine hundertprozentige Sicherheitsgarantie, erklärte der Betriebsdirektor des Amsterdamer Airports Schiphol, Ad Rutten. Die EU-Kommission wollte die Geräte generell für die Flugsicherheit zulassen. Wegen des Widerstands im Europaparlament wurde das Vorhaben aber Ende Oktober 2008 zurückgezogen.
Die Bundespolizei testet seit einem Jahr verschiedene Prototypen von Körperscannern unter Ausschluss der Öffentlichkeit in Lübeck. Eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums sagte, es gebe nun eine Software, die ein Oberflächenbild erzeuge, ohne intime Details zu zeigen. Jedoch reichten die Sprengstofferkennung der Geräte und die Geschwindigkeit ihrer Kontrollen noch nicht aus. Man sei aber zuversichtlich, 2010 erste Ergebnisse präsentieren zu können.
Wenn die Eingriffe in die Intimsphäre der Fluggäste erheblich minimiert würden, seien die Geräte für den einzelnen Bürger sogar von Vorteil, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Jörg van Essen. "Wenn man technisch durchsucht wird, etwa auf Sprengstoff, ist das immer angenehmer, als wenn man von anderen Personen angefasst wird." Die FDP-Fraktionsvorsitzende Birgit Homburger sagte dem "Hamburger Abendblatt", die FDP sei gegen die erste Generation der Scanner gewesen, weil sie die Intimsphäre verletzt hätten. Inzwischen gebe es neue Entwicklungen.
"Nacktscanner verletzen die Privatsphäre"
Auch der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), hatte sich für den Einsatz der Scanner an Flughäfen ausgesprochen. Die Grünen und die Linkspartei lehnen die Geräte weiter ab. "Nacktscanner verletzen die intimste Privatsphäre und damit die Menschenwürde von Passagieren", sagte die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth der "Leipziger Volkszeitung". "Der Staat kann nicht Menschen komplett durchleuchten und gleichzeitig ihre Persönlichkeitsrechte wahren." Verschiedene Datenschützer, darunter auch der Bundesbeauftragte für Datenschutz, Peter Schaar, zeigten sich skeptisch gegenüber den Plänen.
Das Bundesforschungsministerium teilte mit, dass es 95 Projekte zum Entdecken von Gefahrenstoffen, darunter auch Sprengstoff, fördere. Ziel sei es, Gefahrstoffe präzise zu erkennen, den Menschen aber nur schematisch darzustellen. Mit ersten Ergebnissen werde Mitte kommenden Jahres gerechnet.
Quelle: ntv.de, dpa