Drohungen gegen Grünen-Chef Özdemir schießt gegen "Fanatiker"
13.06.2016, 12:00 Uhr
Grünen-Chef Cem Özdemir sieht die Türkei auf einem klaren Kurs: weg von der EU.
(Foto: dpa)
Grünen-Chef Özdemir steht unter Polizeischutz, will sich jedoch von den Drohungen, die ihn seit der Armenien-Resolution erreichen, nicht einschüchtern lassen. Fanatiker gebe es "leider in allen Nationen". Erdogans Kurs will er dennoch weiter hinterfragen.
Grünen-Chef Cem Özdemir reagiert gelassen auf die Morddrohungen, die ihn und andere türkischstämmige Abgeordnete des Bundestages seit der Armenien-Resolution erreichen. "Fanatiker gibt es leider in allen Nationen. Wichtig ist, dass wir uns davon nicht leiten lassen", sagte er dem ARD-Morgenmagazin. "Die meisten, die sich da ärgern oder unflätiges Zeug von sich geben, haben den Beschluss nicht gelesen und meine Rede nie gehört. Wir reden ja vor allem von der deutschen Mitverantwortung, das kann uns niemand verbieten, auch nicht ein türkischer Staatspräsident."
Neben Özdemir stehen auch andere türkischstämmige Bundestagsabgeordnete wegen Morddrohungen inzwischen unter Polizeischutz. Derweil hat der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Günter Krings, die in Deutschland lebenden Türken davor gewarnt, sich den Verbalattacken des türkischen Präsidenten anzuschließen. Recep Tayyip Erdogan hatte nach dem Bundestagsbeschluss gesagt, die türkischstämmigen Abgeordneten seien ein Sprachrohr der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und hätten "verdorbenes Blut".
"Wer sich als ausländischer Staatsbürger in Deutschland dieser Hetze Erdogans anschließt, muss sich fragen, ob er bei uns noch gut aufgehoben ist", sagte Krings der "Rheinischen Post". "Wer so denkt und redet, hat sich in dieses Land und seine Rechtsordnung eben nicht integriert. Und dieser Umstand muss natürlich auch bei Entscheidungen über Aufenthaltstitel berücksichtigt werden."
Özdemir: Türkei entfernt sich von EU
Trotz der Spannungen zwischen der Türkei und Deutschland plädierte Özdemir dafür, die Vereinbarung zur Visumfreiheit für Türken einzuhalten. "Die Visa-Gespräche gehen ganz normal weiter. Wenn die Türkei die Voraussetzungen erfüllt, dann muss der Visumzwang aufgehoben werden. Wir halten unsere Versprechen und hoffen, dass andere das auch tun."
Die Bemühungen der Türkei, Mitglied der EU zu werden, bezeichnete der Grünen-Chef allerdings als unehrlich. Hierzu müsse sie Reformen einleiten. "Sie macht genau das Gegenteil. Die Türkei entfernt sich jeden Tag von der Europäischen Union", sagte er. Unehrlich sei auch die Debatte in Deutschland. "Ehrlichkeit würde bedeuten, zu sagen: Mit Erdogan, mit diesen Kurs, den die Türkei gegenwärtig fährt, gibt es keine Mitgliedschaft."
Quelle: ntv.de, jug/dpa/AFP