Politik

Studenten im StressProfessoren machen sich rar

16.02.2010, 15:58 Uhr
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Studenten sitzen vor einem Hörsaal der TU Dresden auf dem Boden. (Foto: dpa)

Die Reform der Bachelor-Studiengänge ist immer noch Zukunftsmusik. Vielleicht lassen sich aus einer großen Studie Lehren ziehen. Die Untersuchung zeigt: Studenten sind motiviert, leben aber in ständiger Sorge. Und sie haben kaum Kontakt zu ihren Professoren.

Studenten in Bachelor-Studiengängen sind heute leistungsorientierter als frühere Studentengenerationen. Zugleich fühlen sich die Bachelor-Studenten aber mehr gestresst und sind von Anfang ihres Studiums an in Sorge, nicht für das weiterführende Masterstudium zugelassen zu werden. Dies ist ein Ergebnis einer umfangreichen Untersuchung über die Erfahrungen von Studierenden in Bachelor-Studiengängen. Die Studie wurde von einem Team um den Hochschulforscher Tino Bargel aus Konstanz im Auftrag des Bundesbildungsministeriums erstellt.

Mit 80 Prozent unterstützt danach die große Mehrheit der Studierenden die Ziele des vor zehn Jahren auch an den deutschen Hochschulen eingeleiteten "Bologna-Prozesses" mit den aufeinander aufbauenden Bachelor- und Masterabschlüssen. Dies gelte sowohl für die internationale Ausrichtung, die gewünschte Studienphase im Ausland wie auch für die Vergleichbarkeit von Standards in der Ausbildung. Gleichwohl gibt es aber auch heftige Klagen über organisatorische Mängel sowie über die inhaltliche Umsetzung des Bologna-Studienkonzeptes durch die Universitäten.

Klima der Verunsicherung

Als "erschreckend" bezeichnete der Parlamentarische Bildungsstaatssekretär Thomas Rachel (CDU) die Klagen der Studierenden über fehlende Kontakte zu ihren Professoren. Nach der Untersuchung verneinen 20 Prozent der Bachelor-Studenten Kontakte zu ihren Lehrenden, fast die Hälfte hat sie selten (48 Prozent) und nur 7 Prozent gaben an, unmittelbaren Zugang zu ihren Dozenten zu haben. Bargel sagte, dies sei allerdings nicht nur ein Phänomen des Bachelor-Studiums, sondern der Massenhochschule. Ähnliche Kritik gebe es auch aus Diplom-Studiengängen. Für die Untersuchung wurden mehr als 8500 Studenten befragt sowie weitere Studien ausgewertet.

Die Übertragung des Studenten-Auswahlrechts für die weiterführenden Master-Studiengänge an die Hochschulen hat nach Aussage von Bargel bei vielen Studenten zu einem Klima der Verunsicherung geführt. "Der Weg ins Masterstudium erscheint vielen als nicht steuerbar." Sie fürchten Ungerechtigkeiten und soziale Selektion.

Schnell soll's gehen

Gleichwohl ist die Sorge vieler Studierenden, allein mit dem Bachelor-Abschluss keinen guten Arbeitsplatz zu finden, im Vergleich zu früheren Untersuchungen leicht rückläufig. Bargel sagte, die meisten jungen Menschen wollten heute effektiv studieren und auch einen schnellen Abschluss machen. Zugleich empfänden sie aber auch "mehr Kälte" im Studium und hätten nicht mehr so großen Spaß am Erkenntnisgewinn wie die Generationen vor ihnen.

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Überfüllter Hörsaal der Martin-Luther-Universität Halle. (Foto: picture-alliance/ dpa/dpaweb)

Der hochschulpolitische Sprecher der Grünen, Kai Gehring, forderte Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) auf, eine zweite "Bologna-Reformwelle" ins Rollen zu bringen. Es sei "Realitätsverweigerung", wenn die Ministerin von einem gelungenen Umbau der Studienstrukturen in Deutschland spreche.

Quelle: dpa