"Liebe im Büro ist nicht verboten"Regener Landrat packt in Sex-Affäre aus

Der wegen seiner Sex-Affären in die Kritik geratene bayerische Landrat Adam sieht sich als Opfer einer Hetzkampagne. Der 28-Jährige ist bekennender Schwuler und sich sicher, dass er als Hetero wohl weniger Probleme gehabt hätte.
"Pfui Deifi!!", schimpft der bayerische Kult-Liedermacher Konstantin Wecker und stellt sich demonstrativ hinter den Regener Landrat Michael Adam. "Was ein Landrat privat macht, hat der Öffentlichkeit völlig wurscht zu sein, auch wenn das ein schwuler Landrat in Niederbayern ist." Dieser vermeintliche "Sex-Skandal" um den SPD-Politiker sei auch gar kein Skandal, sondern einfach nur eine "kleine, miese Schmutzkampagne, die mich an schlimme Zeiten erinnert, in denen die Schwulenhatz noch gesellschaftsfähiger Breitensport war. Vielen Dank, aber dahin will ich nicht mehr zurück. Nie mehr!", ruft Wecker, dem es vor den neuen Spießern und Puritanern ebenso graust wie vor einer "selbsternannten Sittenpolizei, wenn sie einen prominenten Schwulen erledigen kann".
Wecker hat selbst erlebt, was es heißt, auf Titelblättern der Boulevardpresse durch den Dreck geschleift zu werden. Während mit Schlagzeilen wie "Die Ausraster des Sex-Landrats" Öl ins Feuer gegossen wird, demonstrieren mehrere Hundert Menschen auf dem Regener Stadtplatz für ihren Landrat. Sie tragen Transparente, auf denen steht: "Wir sind Landrat, jetzt erst recht", und "Einer für alle - alle für einen". Ihnen allen ist es ein Anliegen, dem 28-Jährigen den Rücken zu stärken. Noch wenig politisch erfahren, hatte sich der Bekennende Schwule in einem Interview der Boulevardpresse "verquatscht", wie er selbst sagt. Er hatte mit Gerüchten aufräumen wollen, war die Flucht nach vorn angetreten und hatte bestätigt, in seinen Diensträumen Sex mit einem anderen Mann gehabt zu haben - unter Zuhilfenahme lustfördernder Stimulanzien. Seitdem kreist der Mann im medialen Fegefeuer.
Kreisverband fordert Neuwahlen
Selbst in seiner eigenen Partei wird es für Adam brenzlig. Die Vizechefin des SPD-Kreisverbandes, Rita Röhrl, fordert bereits vorgezogene Neuwahlen. "Um zu klären, ob er noch den Rückhalt der Bevölkerung hat", sagte sie der "Süddeutschen Zeitung". Adam will davon nichts wissen. Er sei für sechs Jahre gewählt und wolle sein Amt auch ausführen, sagte er dem Bayerischen Rundfunk. Der Landrat sieht sich als Opfer einer Hetzkampagne. Berichte über Sexpartys seien ebenso frei erfunden wie Bordellbesuche.
Der junge Politiker geht jetzt in die Offensive. Jeder habe gewusst, dass er schwul sei. Das heute zu seinem Nachteil zu verwenden, sei unredlich. Und wieder räumt er im Interview mit dem BR ein, dass es lediglich drei "Einzelfälle von sexuellen Handlungen im Amtszimmer" geben habe seit er Landrat sei. Hinzu kämen "drei sexuelle Kontakte in Diensträumen" aus seiner Zeit als Bürgermeister. Rechtlich zwar nicht verboten, dafür moralisch verwerflich, gesteht er ein. Damit müsse er nun auch politisch fertig werden. "Es gibt keine andere Möglichkeit als zu sagen, ich räume das ein, und zwar vollumfänglich." Jetzt hoffe er, von Verurteilungen verschont zu bleiben und setze auf Fairness. "Ich stelle schon fest, dass auch das Thema der Homosexualität in Zeiten wie diesen von manchen anders gesehen wird, als wenn ich hetero wäre und eine Frau hätte", so der 28-Jährige im Interview mit dem BR.
Ortsverbände rücken ab
Dabei galt Adam bisher als große Hoffnung in seiner Partei. Dass ihm alle Türen bis nach ganz oben offen standen, davon ist auch Rita Röhrl überzeugt. Sie bezeichnete ihn in einem Interview für die "Süddeutsche Zeitung" als "einen hervorragenden Landrat und ausgezeichneten Analytiker". Manch einer fragte sich allerdings auch, ob er auch sein eigenes Tun ergründe und sein politisches Talent nicht verschleudere. Weggefährten hätten inzwischen sogar das Gefühl, dass er mit der SPD fremdele. Der Unmut über den einstigen SPD-Hoffnungsträger sei groß. Einzelne Ortsverbände hätten sich bereits einen Besuch Adams verbeten.
Für Röhrl steht fest: Der "Michel steht an einem Scheideweg." Wecker wünscht dem "lieben Michael Adam ganz viel Kraft! Halt durch, setz auf die Unterstützung deiner Freunde und auf die Solidarität der wehrhaft Toleranten".