Politik

Ströbele trifft Ex-NSA-Mitarbeiter in Moskau Snowden bietet Deutschland Hilfe an

Edward Snowden und Hans-Christian Ströbele - in der russischen Hauptstadt.

Edward Snowden und Hans-Christian Ströbele - in der russischen Hauptstadt.

(Foto: twitter.com/MdB_Stroebele)

Unter höchster Geheimhaltung trifft der Bundestagsabgeordnete Ströbele den Whistleblower Snowden in Moskau. Der Ex-NSA-Mitarbeiter bietet Deutschland seine Hilfe im Spähskandal an - und übergibt einen Brief. Der Inhalt: noch unbekannt. Derweil braucht Snowden trotz vieler Spenden offenbar Geld.

Es kommt offenbar Bewegung in die Aufklärung der NSA-Spionage unter deutschen Politikern: Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele hat den Ex-US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden in Moskau getroffen. Dieser habe Ströbele einen Brief überreicht, der unter anderem an die Bundesregierung, den Bundestag und den Generalbundesanwalt adressiert sei. Inhalte und Konsequenzen dieses Briefes werde Ströbele am Freitag bei der Bundespressekonferenz näher erläutern (ab 12.30 Uhr live bei n-tv).

In der ARD sagte Ströbele vorab dazu: "Er hat klar zu erkennen gegeben, dass er sehr viel weiß, dass er - solange die NSA die Aufklärung blockiert und ihr Chef Herr Alexander - bereit ist, nach Deutschland zu kommen, auch dort auszusagen. Allerdings müssen die Umstände geklärt werden."

Aussage auch in Moskau möglich

Er habe Snowden angeboten, dass er auch in Moskau gehört werden könnte, wo er Asyl genießt. Ströbele will über Details des Gesprächs in einer Sondersitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums berichten.

"Snowden ist gesund und munter, machte einen guten Eindruck. Er hat klar zu erkennen gegeben, dass er sehr viel weiß", sagte der Grünen-Abgeordnete. Snowden habe "eine Mission, einen Mitteilungsdrang. Er will rechtmäßige Zustände wieder herstellen." Das dreistündige Treffen Ströbeles mit dem Whistleblower fand unter größter Geheimhaltung statt. Die USA suchen Snowden mit Haftbefehl und werfen ihm Landesverrat vor. Die amerikanische Regierung hat nach Angaben des Bundesjustizministeriums bereits vorsorglich ein Auslieferungsersuchen nach Deutschland übersandt, hieß es.

Anwalt: Snowden kann nicht reisen

Ob Snowden jedoch wirklich neues Licht etwa in die Affäre um das abgehörte Mobiltelefon von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bringen kann, bleibt fraglich: Laut seinem Anwalt Anatoli Kutscherena hat er die Auflage Russlands akzeptiert, "keine geheimen Informationen preiszugeben". Auch eine Reise nach Deutschland, um dort befragt zu werden, komme nicht in Frage, wurde der Jurist von der Nachrichtenagentur Interfax zitiert. "Er kann nirgendwohin ins Ausland reisen, sonst verliert er seinen gegenwärtigen Status", sagte Kutscherena. Russland gewährte Snowden im Sommer für ein Jahr politisches Asyl - und schützt ihn damit vorerst vor der Strafverfolgung durch die US-Justiz.

Bei dem Treffen sei es laut Ströbele um die Frage gegangen, unter welchen Bedingungen Snowden bei einer deutschen Staatsanwaltschaft oder vor einem Untersuchungsausschuss des Bundestages aussagen würde. Snowden habe aber auch auf seine komplizierte juristische Situation verwiesen, sagte Ströbele.

Freies Geleit möglich

Laut Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages im Auftrag der Linkspartei könnte Deutschland Snowden freies Geleit zusichern. Eine Auslieferung müsste der Informant nicht befürchten, wenn er einen sogenannten Aufenthaltstitel hätte. Snowden gilt seit Entzug seines US-Passes als staatenlos.

Ein Aufenthaltstitel kann laut Gutachten nicht nur aus völkerrechtlichen und humanitären Gründen ausgestellt werden, sondern auch zur "Wahrung politischer Interessen" der Bundesrepublik.

Job gegen Geldsorgen

Snowden fand indes einen Job bei einer großen russischen Website gefunden. Der IT-Spezialist werde die Internetseite "unterstützen und entwickeln", sagte Snowdens Anwalt Anatoli Kutscherena, lehnte es aber aus Sicherheitsgründen ab, den Namen der Seite preiszugeben. Dies führte zu Spekulationen, dass es sich bei Snowdens neuem Arbeitgeber um die russische Facebook-Variante Vkontakte handeln könnte. Der charismatische Chef des sozialen Netzwerks, Pawel Durow, hatte Snowden im August einen Job in seinem Unternehmen angeboten. Ein Firmensprecher sagte, er könne die Mutmaßungen über eine Einstellung Snowdens nicht kommentieren. Zwei andere große russische Internetunternehmen - Mail.Ru Group und Yandex - erklärten, sie hätten Snowden nicht angeheuert.

Die Nachrichtenseite "Life News" veröffentlichte ein Foto, das den 30-jährigen IT-Spezialisten auf einem Ausflugsschiff auf der Moskwa inmitten der russischen Hauptstadt zeigt. Das Bild zeigt einen blassen Mann mit einer Mütze, der sich halb zur Kamera wendet, zwischen zwei Frauen. Auf dem Bild trägt er keine Brille, aber einen Drei-Tage-Bart. Dabei sieht er aus wie ein Tourist. "Er reist unauffällig herum", erzählt Kutscherena.

Eine der beiden Frauen neben ihm könnte die Wikileaks-Mitarbeiterin Sarah Harrison sein, die Snowden seit seiner Flucht aus Hongkong begleitet. Snowden hatte Anfang Juni mit seinen Enthüllungen die Affäre um die geheimen US-Programme zur Überwachung der weltweiten Internet- und Telefonkommunikation ins Rollen gebracht.

Nachdem er am 23. Juni auf dem Weg von Hongkong auf einem Moskauer Flughafen gestrandet war, erhielt er am 1. August schließlich temporäres Asyl in Russland. Seitdem ist er nicht mehr öffentlich aufgetreten. Die US-Regierung fordert seine Auslieferung, um ihm den Prozess wegen Spionage zu machen. Laut seinem Anwalt geht ihm langsam das Geld aus. Eine Unterstützerwebsite sammelte daraufhin Spenden von bislang knapp 35.600 Euro für Snowden.

Quelle: ntv.de, rpe/dpa/rts

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen