Politik

"Brutaler" Gaza-Krieg Soldaten brechen Schweigen

Israelische Soldaten erheben schwere Vorwürfe gegen ihre Militärführung: Diese soll während des Gaza-Kriegs zu willkürlicher Tötung von Zivilisten ermutigt haben. Die Soldaten seien von ihren Kommandeuren zu wildem, ziellosem Schießen gedrängt worden. Den Aussagen zufolge wurden palästinensische Zivilisten als "menschliche Schutzschilde" eingesetzt.

Bei der dreiwöchigen Offensive gegen die Hamas waren einer palästinensischen Menschenrechtsorganisation zufolge 1417 Menschen getötet worden, darunter 926 Zivilisten. Die israelische Regierung bestreitet die Zahlen.

Bei der dreiwöchigen Offensive gegen die Hamas waren einer palästinensischen Menschenrechtsorganisation zufolge 1417 Menschen getötet worden, darunter 926 Zivilisten. Die israelische Regierung bestreitet die Zahlen.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Ein halbes Jahr nach dem Ende des Gaza-Kriegs haben israelische Soldaten schwere Vorwürfe gegen die eigene Militärführung erhoben. Sie soll die Soldaten zu brutalem Vorgehen gegen palästinensische Zivilisten ermutigt haben. Die vor fünf Jahren gegründete israelische Organisation "Breaking the Silence" veröffentlichte einen Bericht mit 54 anonymen Aussagen von Kampfsoldaten, die zur Jahreswende an der dreiwöchigen Militäroffensive "Gegossenes Blei" teilnahmen. Bei dem Einsatz, der am 18. Januar endete, waren mehr als 1400 Palästinenser getötet und 5000 verletzt worden. 

Das israelische Militär erklärte, der Bericht der Gruppe basiere lediglich auf Hörensagen. Gleichzeitig kündigte es an, die Vorwürfe zu prüfen. Verteidigungsminister Ehud Barak erklärte, die israelische Armee sei eine der "moralischsten in der Welt und gehe nach den höchsten ethischen Prinzipien vor".

In dem Bericht wurden erneut Vorwürfe laut, das israelische Militär habe weißen Phosphor in Wohngebieten eingesetzt, der besonders schwere Verletzungen verursacht.

In dem Bericht wurden erneut Vorwürfe laut, das israelische Militär habe weißen Phosphor in Wohngebieten eingesetzt, der besonders schwere Verletzungen verursacht.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Menschenrechtler haben dagegen schon mehrfach über brutales Vorgehen der israelischen Armee während des Feldzugs berichtet.

"Wildes, zielloses Schießen"

In dem jüngsten Bericht wird über Zeugenaussagen berichtet, nach denen Häuser und Moscheen unnötig zerstört und Phosphorbomben in dicht bevölkerten Gebieten eingesetzt worden sein sollen. Zudem wird über eine Atmosphäre berichtet, die Soldaten zu wildem, ziellosem Schießen ermutigt habe. Soldaten hätten auch grundlos auf Wassertanks geschossen und Computer, Fernseher und andere Gegenstände in privaten Wohnungen zerstört. In mehreren Aussagen hieß es, dass palästinensische Zivilisten als "menschliche Schutzschilde" eingesetzt wurden.

"Wenn du dich bedroht fühlst, schieße!"

"Wenn du dich bedroht fühlst, schieße!"

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Die Kommandeure hätten den Soldaten vermittelt, dass sie ohne moralische Einschränkungen vorgehen könnten und das wichtigste sei, dass kein israelisches Leben verloren gehe. Einer der Soldaten erzählte, sein Kommandeur habe gesagt: "Keinem meiner Soldaten soll ein Haar gekrümmt werden, und ich bin nicht bereit, es einem Soldaten zu erlauben, sich selbst durch Zögern zu gefährden. Wenn Du nicht sicher bist - schieße!" Im Zweifelsfalle habe man getötet. "Die Feuerkraft war wahnsinnig." Im Kampf in Wohngebieten sei "jeder der Feind, es gibt keine Unschuldigen". Ein Bataillonsführer sagte den Berichten zufolge: "Mein bester Arabisch-Dolmetscher ist mein Granatenwerfer."

"Hass und Freude am Töten"

Ein anderer Soldat berichtete von "Hass und Freude am Töten" unter seinen Kameraden. "Man fühlt sich wie ein kleines Kind mit einem Vergrößerungsglas, dass Ameisen anschaut und sie verbrennt", sagte ein weiterer Soldat dem Bericht zufolge. "Ein 20-Jähriger sollte anderen Menschen nicht diese Dinge antun müssen."

Michael Manekin von "Breaking the Silence" erklärte, die Zeugenaussagen bewiesen, "dass die unmoralische Art und Weise, auf die der Krieg geführt wurde, Schuld des Systems und nicht des individuellen Soldaten war". "Dies ist ein dringender Aufruf an die israelische Gesellschaft und Führung, einen unverschleierten Blick auf die Dummheit unserer Politik zu werfen."

Quelle: ntv.de, dpa/rts

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