Beschwerde gegen längere Laufzeiten Stadtwerke gehen nach Brüssel
09.11.2010, 19:03 UhrDie Stadtwerke sind sauer. Sie haben Geld in nachhaltige oder auch fossile Kraftwerke investiert und müssen wegen der Laufzeiten-Verlängerung fürchten, dass sie auf ihrem Strom sitzenbleiben. Deshalb legen sie Kartellbeschwerde in Brüssel ein.
  Greenpeace-Aktion an der CDU-Parteizentrale in Berlin am Tag der Laufzeiten-Verlängerung.
(Foto: picture alliance / dpa)
Elf deutsche Stadtwerke haben Kartellbeschwerde gegen die Atomlaufzeitverlängerung bei der Europäischen Union in Brüssel eingelegt. "Das Schreiben ist am Montag nach Brüssel gegangen", sagte Johannes von Bergen, Geschäftsführer der Stadtwerke Schwäbisch Hall. Auch ein Sprecher der Stadtwerke Tübingen bestätigte, dass sein Unternehmen diesen Schritt mitgehe.
Die kleinen Energieversorger befürchten eine Verzerrung des Wettbewerbs zu ihren Ungunsten, wenn die Atomkraftwerke länger am Netz bleiben. Von Bergen sagte: "Wir gehen davon aus, dass noch 100 bis 200 weitere Stadtwerke die Beschwerde mittragen werden." Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesumweltminister Norbert Röttgen hätten zwar zugesagt, nichts zu tun, was die Stadtwerke beeinträchtige. "Davon haben wir allerdings nichts gemerkt", sagte von Bergen.
Der Geschäftsführer der Stadtwerke Tübingen, Achim Kötzle, sagte dem SWR, man habe in neue Kraftwerke investiert in dem Glauben, dass durch das Abschalten der Atommeiler Bedarf für dezentral erzeugten Strom entstehen werde. Durch die Verlängerung der Laufzeiten würden diese Planungen über den Haufen geworfen.
Gutachten: Beschluss verstößt gegen EU-Recht
Von Bergen sagte, die bereits abgeschriebenen Atommeiler könnten in Zukunft konkurrenzlos billigen Strom anbieten. Dieser stehe dann in Konkurrenz zu Strom aus Projekten wie dem Neubau des Kohlekraftwerkes im nordrhein-westfälischen Hamm-Uentrop, in das auch Stadtwerke viel Geld investierten. Die Beschwerde fuße auf einem Gutachten, das 150 Stadtwerke zum Energiekonzept in Auftrag gegeben hatten. Die Laufzeitverlängerung verstößt nach Meinung der Stadtwerke gegen EU-Recht.
Mehrere Stadtwerke im Südwesten hatten vergangene Woche in einer Umfrage der Nachrichtenagentur dpa das Energiekonzept der Bundesregierung nochmals harsch kritisiert. Es erschwere Investitionen für regionale Energieversorger etwa in die Kraft-Wärme-Kopplung.
Der Bundestag hatte am 28. Oktober mit der schwarz-gelben Regierungsmehrheit das neue Energiekonzept beschlossen. Danach können die jüngeren Atomkraftwerke weit über das Jahr 2030 hinaus Strom produzieren. Mehrere SPD-geführte Bundesländer wollen das mit Verfassungsbeschwerden noch verhindern.
Quelle: ntv.de, hvo/dpa