"Die Weltmeisterschaft wackelt" Südafrika kämpft mit Streiks
15.06.2010, 15:57 UhrAnhaltende Proteste und Streiks von öffentlich Bediensteten und Ordnern machen Südafrika während der Weltmeisterschafft zu schaffen. Immer wieder kommt es deshalb zu organisatorischen Problemen, stellenweise auch zu gewalttätigen Auseinandersetzungen.
Bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika halten Streiks und Proteste von Ordnern und Busfahrern die Veranstalter in Atem. Vor dem ersten Auftritt der brasilianischen Mannschaft im Turnier mutmaßten südafrikanische Zeitungen deshalb bereits, der anfänglichen Euphorie nach der triumphalen Eröffnungsfeier könnte bald organisatorisches Chaos folgen.
Bereits beim ersten Spiel von Weltmeister Italien am Montag musste die Polizei die Aufgaben der Ordner übernehmen. Wegen eines Ausstandes der Busfahrer saßen außerdem rund tausend Fans am Stadion in Johannesburg fest. "Wir achten zwar die Rechte der Arbeiter, aber wir finden es nicht akzeptabel, wenn sie die Abläufe am Spieltag stören", sagte der Geschäftsführer des Organisationskomitees, Danny Jordaan.
"Die Weltmeisterschaft wackelt", titelte die Tageszeitung "The Citizen". Und "The Times" bemerkte: "Streiks erschüttern WM". Seit der Vergabe der WM an Südafrika vor sechs Jahren kämpft das Land gegen sein Negativ-Image. Skeptiker kritisieren, wegen seines schlechten Verkehrssystems, der mangelnden Infrastruktur und hohen Kriminalitätsraten sei Südafrika ungeeignet für die Ausrichtung des größten Sportereignisses der Welt. Der Weltfußballverband FIFA berief ein Treffen der Ordnungskräfte mit ihren Arbeitgebern ein, um ein erneutes Fiasko wie am Montag zu verhindern.
Zusammenstöße nach Deutschland-Spiel
Mit seiner Streikankündigung drei Stunden vor Anpfiff der Begegnung Italien gegen Paraguay in Kapstadt hatte das Stadionpersonal am Montag den Ärger der Veranstalter auf sich gezogen. Ein Polizeisprecher bestätigte, dass einige hundert Ordner in den Ausstand getreten waren. "Sie wurden von ihrem Management aufgefordert, das Stadion zu verlassen und haben dies auch getan", sagte der Polizeisprecher in Kapstadt, Billy Jones. "Die Polizeikräfte der Stadt und der Region machen den Job." Die regnerische Partie in Kapstadts nagelneuem 470-Millionen-Euro-Stadion begann pünktlich, nachdem die Polizei 63.000 Zuschauer durch die Sicherheitsscanner geschleust hatte - und endete mit einem für den Titelverteidiger enttäuschenden 1:1.
Am Sonntagabend gab es nach dem Spiel der deutschen Mannschaft vor dem Stadion in Durban Zusammenstöße zwischen Ordnern und Polizei. Dort protestierten 400 Ordnungskräfte und andere Angestellte dagegen, dass ihr Tageslohn nur bei umgerechnet 20 bis 27 Euro liegt. Die Polizei trieb die Protestierenden mit Gummigeschossen und Tränengas auseinander. Einige kehrten im Lauf des Montags für Verhandlungen zurück, erzielten aber keine Einigung: "Sie haben uns gesagt, wir könnten unsere Uniformen zurückgeben, wenn wir nicht zufrieden sind", sagte einer der Ordner. Das Stadionpersonal in Durban und Kapstadt wird von der Sicherheitsfirma Stallion gestellt.
Ränge dünn besetzt
Die Busse in Johannesburg verkehrten am Dienstag wieder normal. "Wir haben uns mit ihnen geeinigt", erklärte die Leiterin der Transportbehörde von Johannesburg, Lisa Seftel. Am Montag hatten die Fahrer einer Schnellbus-Linie mit einem unangekündigten Streik gegen die ihrer Meinung nach unzureichende Bezahlung von Überstunden protestiert. Rund 1000 Fans, die nach der Partie der Niederlande gegen Dänemark am Stadion festsaßen, mussten für den Heimweg andere Transportmittel finden.
Für Negativ-Schlagzeilen sorgten am Wochenende auch zum Teil unbesetzte Ränge bei weniger glanzvollen Partien. So waren am Samstag bei der Begegnung Südkorea-Griechenland 8000 Sitze leer geblieben. Auch bei der Partie Japan gegen Kamerun am Montag in Bloemfontein taten sich große Löcher in den Zuschauerreihen auf. In Port Elizabeth waren viele Karten an Firmen verkauft worden, die ihre Tickets am Samstag nicht einlösten.
"Natürlich ist es nicht schön, in einem WM-Stadion leere Ränge zu sehen", räumte FIFA-Sprecher Nicolas Maingot ein. "Aber nach acht Spielen kann man noch keine Schlüsse ziehen."
Quelle: ntv.de, AFP