Politik

Flüchtlingen wird der Weg versperrt Syrisches Regime legt Brände

Das Bild soll Explosionen in Homs während Angriffen der Regierungstruppen zeigen.

Das Bild soll Explosionen in Homs während Angriffen der Regierungstruppen zeigen.

(Foto: AP)

Zehntausende Syrer sind bereits in die Türkei geflohen. Viele wollen ihnen folgen. Doch das Regime legt systematisch Feuer im Grenzgebiet, um den Flüchtlingen keine Deckung zu geben. Derweil werden die Kämpfe zwischen Regierungstruppen und Rebellen heftiger. Dutzende Menschen kommen dabei ums Leben.

Syrische Sicherheitskräfte legen in den Wäldern an der Grenze zur Türkei Feuer und erschweren verletzten Zivilisten und Aufständischen damit die Flucht ins Nachbarland. Ein Reporter sah Rauchsäulen von neuen Bränden, die nahe des türkischen Grenzortes Güvecci in den Himmel stiegen. Unterdessen gingen in Syrien die Kämpfe zwischen Regierungstruppen und Rebellen nach Angaben von Oppositionellen weiter.

Aufständische warfen der Regierung in Damaskus vor, durch die Feuer alle Wege abschneiden zu wollen. "Sie fangen damit an, entlang der ganzen Grenze Feuer zu legen", sagte einer der Rebellen in einem Flüchtlingslager in Yayladagi in der türkischen Provinz Hatay, etwa ein Kilometer von der Grenze entfernt. Wegen der Brände müssten Flüchtlinge nun weite Wege gehen. Einige Verletzte stürben, weil sie nicht rechtzeitig Hilfe erhielten.

Syrische Soldaten überwachen von zwei Türmen aus die Grenze nahe Güvecci. Diese Stelle wird von den Aufständischen nicht mehr benutzt, da die verkohlten Baumstümpfe kaum Deckung bieten. Ein Vertreter der Flüchtlinge im Lager in Yayladagi warf den Regierungstruppen vor, auch Felder der syrischen Bauern entlang der Grenze in Brand zu setzen. Die Vorgänge auf der syrischen Seite können allerdings kaum überprüft werden, da internationale Journalisten nicht ungehindert arbeiten können. Die syrische Armee hatte vor Monaten damit begonnen, Teile der Grenze zu verminen.

Die staatliche Nachrichtenagentur Sana veröffentlicht dieses Bild, das ein Auto in Damaskus nach einer Explosion zeigen soll. Ein Soldat soll bei der Explosion getötet worden sein.

Die staatliche Nachrichtenagentur Sana veröffentlicht dieses Bild, das ein Auto in Damaskus nach einer Explosion zeigen soll. Ein Soldat soll bei der Explosion getötet worden sein.

(Foto: REUTERS)

Nach türkischen Angaben lebten Anfang des Monats fast 27.000 syrische Flüchtlinge in türkischen Lagern. Mindestens 2000 weitere sollen sich in anderen Teilen des Landes aufhalten. Die syrischen Regimegegner baten derweil König Abdullah II. von Jordanien, die Grenze für syrische Flüchtlinge geöffnet zu lassen. Offiziell ist die jordanische Grenze für syrische Flüchtlinge nicht geschlossen. Bei dem seit 15 Monaten anhaltenden Aufstand gegen Präsident Baschar al-Assad sind nach UN-Schätzungen mindestens 10.000 Menschen ums Leben gekommen. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte in London spricht von mehr als 14.100 Opfern. Eine schärfere Verurteilung Syriens im UN-Sicherheitsrat scheiterte bislang am Widerstand Russlands und Chinas.

Dutzende Tote auf beiden Seiten

Die syrischen Regierungstruppen müssen derweil bei ihren Einsätzen in den Hochburgen der Regimegegner immer mehr Verluste hinnehmen. Ein Nachrichtenportal der Opposition schrieb unter Berufung auf eine Brigade der Freien Syrischen Armee, in der Provinz Homs hätten Deserteure mehrere gepanzerte Fahrzeuge der Truppen Assads zerstört. Außerdem hätten sich in einem Stützpunkt der Luftwaffe zahlreiche Soldaten und Offiziere den Deserteuren angeschlossen.

Die staatliche Nachrichtenagentur Sana meldete, am Vortag seien 22 Angehörige der Armee und der Sicherheitskräfte beigesetzt worden. Diese seien von "Terroristen" in den Provinzen Latakia, Damaskus-Land und Deir as-Saur getötet worden. In Duma außerhalb von Damaskus seien demnach zahlreiche "Terroristen" getötet worden. Auch ein Angehöriger der Sicherheitskräfte sei bei dem Gefecht in Duma ums Leben gekommen.

Die Organisation Syrischer Menschenrechtsbeobachter berichtete derweil, Regierungstruppen hätten versucht, die von den Regimegegnern kontrollierte Ortschaft Rastan sowie mehrere Viertel der Stadt Homs einzunehmen. In Rastan seien vier Menschen getötet worden, darunter ein Mädchen. Durch die Explosion eines Sprengsatzes neben einer Patrouille in der Stadt Idlib seien vier Angehörige der Sicherheitskräfte und ein Zivilist ums Leben gekommen. In einem Dorf in Idlib seien drei Deserteure bei einem Gefecht mit den Regierungstruppen ums Leben gekommen. Insgesamt zählten die Regimegegner auf ihrer Seite 49 Todesopfer, die meisten von ihnen in der Provinz Idlib.

Opposition jetzt besser bewaffnet

Der Syrien-Sonderbeauftragte Kofi Annan äußerte seine "ernste Sorge" über die Eskalation der Gewalt. Besonders beunruhigt sei er wegen der jüngsten Angriffe in der Region Homs sowie wegen der Berichte über den Einsatz von Artillerie, Hubschraubern und Panzern in den Städten Al-Haffa und Latakia, hieß es in einer Erklärung. Der Syrien-Beauftragte der Vereinten Nationen und der Arabischen Liga rief alle an dem Konflikt beteiligten Seiten auf, Zivilisten zu schonen und für ihre Sicherheit zu sorgen. Annans Friedensplan für Syrien steht vor dem Scheitern, weil sich Regierung und Opposition nicht an die darin festgelegte Waffenruhe halten.

Die Bundesregierung warb erneut für eine Ausweitung der von der Europäischen Union und den USA beschlossenen Sanktionen. Die Strafmaßnahmen wirkten umso besser, je mehr Staaten sich daran beteiligten, sagte der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Andreas Peschke. Der russische Außenminister Sergej Lawrow reist am Mittwoch nach Teheran, um mit der iranischen Regierung über den Syrien-Konflikt zu reden. Der Iran ist der wichtigste Verbündete Syriens im Nahen Osten. Teheran wird vorgeworfen, Damaskus mit Waffen und Informationen über die Aufständischen im Land zu versorgen.

Der neue Präsident des oppositionellen Syrischen Nationalrats (SNC) forderte derweil den syrischen Staatschef Assad zur Übergabe der Macht an seinen Stellvertreter auf. "Assad sollte sein Amt dem Vize-Präsidenten (Faruk al-Scharaa) übergeben", sagte Abdel Basset Sajda der türkischen Nachrichtenagentur Anadolu. Die Führung verliere täglich weiter die Kontrolle über das Land. Der kurdische Oppositionelle Sajda war am Wochenende an die Spitze des SNC gewählt worden. Er lebt seit 1994 im Exil in Schweden.

In einem Internet-Forum der Opposition war am Wochenende ein Video aufgetaucht, das angeblich maskierte syrische Regimegegner zeigt. Sie tragen Panzerfäuste und danken "den Revolutionären aus Derna" in Libyen für ihre Waffenlieferungen. Auch aus anderen Quellen mehren sich inzwischen Hinweise darauf, dass die Bewaffnung der Assad-Gegner jetzt deutlich besser ist als noch vor etwa zwei Monaten. In Saudi-Arabien hatte das Herrscherhaus kürzlich islamische Geistliche gewarnt, die zu Spenden für Syrien aufgerufen hatten.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP/rts

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