Politik

Westen sorgt sich um Mali USA verhängen Sanktionen

Ein Soldat der neuen Militärjunta. An seiner Uniform trägt er ein Abzeichen mit Putschistenanführer Amadou Sanogo.

Ein Soldat der neuen Militärjunta. An seiner Uniform trägt er ein Abzeichen mit Putschistenanführer Amadou Sanogo.

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

Chaos in Mali: Islamisten führen im Norden die Scharia ein, Lager werden geplündert. Knapp 100.000 Flüchtlinge irren im Land umher. Mit wachsender Sorge sieht der Westen vor allem den Siegeszug von Rebellen, die dem Terrornetzwerk Al-Kaida nahestehen. Nach den afrikanischen Staaten verhängen jetzt auch die USA Sanktionen.

In der Hauptstadt Bamako versuchen die Menschen, ihre Ersparnisse von der Bank abzuheben. Wegen der Sanktionen könnte es bald an vielen Gütern mangeln.

In der Hauptstadt Bamako versuchen die Menschen, ihre Ersparnisse von der Bank abzuheben. Wegen der Sanktionen könnte es bald an vielen Gütern mangeln.

(Foto: REUTERS)

Nach ähnlichen Schritten afrikanischer Staaten haben auch die USA Sanktionen gegen die herrschende Militärjunta in Mali verhängt. Diejenigen, die "Malis Rückkehr zu einer zivilen Führung und einer demokratisch gewählten Regierung blockieren" würden mit Reiseverboten belegt, erklärte das US-Außenministerium. Damit seien auch Familienmitglieder der Putschisten gemeint sowie diejenigen, die den Anführer der meuternden Soldaten, Amadou Sanogo, "aktiv unterstützen".

Die USA riefen die Militärjunta in Mali zudem erneut dazu auf, "unverzüglich" die zivile Ordnung in dem afrikanischen Land wieder herzustellen. Zuvor hatte Washington bereits die Rebellen im Norden des Landes aufgefordert, ihre Waffen niederzulegen und ihr Anliegen im Dialog statt mittels Gewalt vorzubringen.

Zuvor hatte bereits die Afrikanische Union (AU) Sanktionen gegen die Junta verhängt. Sie wollen die Junta in der Hauptstadt Bamako dazu bewegen, die Verfassung wiederherzustellen und die Macht an eine demokratisch gewählte Regierung abzugeben. Mit Hilfe der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) sollten diejenigen Personen ermittelt werden, gegen die Sanktionen verhängt werden, teilte ein AU-Verantwortlicher in Addis Abeba mit. Neben Reisebeschränkungen würden Konten der Militärjunta gesperrt, erklärte Ramtane Lamamra, der zuständige Kommissar der Afrikanischen Union. Außerdem reisten Junta-Mitglieder zu Gesprächen nach Nigeria. Ihnen sei klargemacht worden, dass man die Aufständischen nicht als neue Regierung anerkennen werde, sagte ein Sprecher des Außenministeriums.

Frankreich fürchtet islamistische Revolution

Die Putschisten entmachteten den malischen Präsidenten Amadou Toumani Touré, dem sie vorwarfen, die Tuareg-Rebellen und bewaffneten Islamisten im Norden des Landes nicht ausreichend zu bekämpfen.

Die Putschisten entmachteten den malischen Präsidenten Amadou Toumani Touré, dem sie vorwarfen, die Tuareg-Rebellen und bewaffneten Islamisten im Norden des Landes nicht ausreichend zu bekämpfen.

(Foto: REUTERS)

Frankreich forderte unterdessen ein entschlossenes Auftreten der internationalen Gemeinschaft gegenüber der "islamistischen Gefahr" im Mali und sprach sich für eine neue Erklärung des UN-Sicherheitsrats aus. "Manche Rebellen könnten sich mit der Kontrolle über die Gebiete im Norden zufriedengeben. Andere könnten zusammen mit der Al-Kaida im islamischen Maghreb eine Eroberung aller Gebiete Malis planen, um dort eine islamistische Republik zu errichten", sagte Außenminister Alain Juppé. Die derzeit Timbuktu kontrollierende Gruppe "Ansar Dine" sei eng mit dem nordafrikanischen Ableger der Terrororganisation verknüpft. "Wir brauchen eine gemeinsame Antwort in der ganzen Region auf die islamistische Bedrohung, die von Libyen bis nach Nigeria reicht", sagte Juppé.

Auch nach den Worten des amtierenden deutschen UN-Botschafters Miguel Berger ist die Spaltung des Landes "eine sehr reale Gefahr". Vor allem das Risiko, dass Al-Kaida nahestehende Gruppen Teile Malis kontrollierten, gebe Anlass zur Sorge.

Der UN-Sicherheitsrat will sich in einer Dringlichkeitssitzung mit der Lage im westafrikanischen Mali auseinandersetzen. Der französische UN-Botschafter Gérard Araud sagte, im UN-Sicherheitsrat gebe es bereits eine "grundsätzliche Einigung" auf eine Erklärung zu den Vorgängen in Mali. Er hoffe, dass die Erklärung angenommen werde.

Internationale Musik verboten

In Mali spitzt sich nach dem Militärputsch die Lage zu: 90 000 Menschen sind nach Angaben der Vereinten Nationen auf der Flucht. Weil die Nachbarländer Wirtschaftssanktionen verhängt haben, stehen Menschen vor Banken und Tankstellen Schlange. Darüber hinaus droht dem westafrikanischen Land die Spaltung. Tuareg-Rebellen und dem Terrornetzwerk Al-Kaida nahestehende Rebellen würden nahezu den gesamten Norden kontrollieren, sagte UN-Unterstaatssekretär Lynn Pascoe nach Angaben von Diplomaten in New York.

Eine islamistische Gruppe, die gemeinsam mit Tuareg-Rebellen für die Unabhängigkeit von Nord-Mali kämpft, will in der historischen Stadt Timbuktu die islamische Rechtsprechung Scharia einführen. Einwohner sagten, die Gruppe habe Radiostationen aufgefordert, keine internationale Musik mehr zu spielen. Zudem sollten Frauen keine Hosen, sondern nur noch Röcke und Kleider tragen.

Die Kulturorganisation der Vereinten Nationen zeigte sich höchst besorgt über die möglichen Auswirkungen der Kämpfe auf Timbuktu, das zum Weltkulturerbe zählt. Die unter Schutz stehenden Moscheen, Mausoleen und Friedhöfe müssten unter allen Umständen erhalten bleiben, ließ Unesco-Chefin Irina Bokowa in Paris mitteilen.

Die Rebellen hatten am vergangenen Wochenende zunächst die Städte Gao und Kidal eingenommen und waren dann in Timbuktu eingedrungen. In 60 privaten Bibliotheken beherbergt die Stadt die größte Handschriftensammlung Westafrikas. Viele Manuskripte sind bis heute nicht digitalisiert. Es kam zu schweren Plünderungen in der Stadt.

SOS-Kinderdorf evakuiert

Die Gruppe "Ansar Dine" kämpft gemeinsam mit Tuareg-Rebellen der MNLA (Nationale Bewegung für die Befreiung des Azawad) für eine Abspaltung des Nordens. Das Gebiet, das die Rebellen für sich beanspruchen, reicht von den Grenzen zu Algerien und Niger bis zum Fluss Niger, der außerhalb von Timbuktu verläuft.

Unterdessen wurde auch das SOS-Kinderdorf Socoura in der Stadt Mopti evakuiert. Die 140 Kinder und Mütter, die dort lebten, seien auf die beiden im Süden Malis liegenden SOS-Kinderdörfer aufgeteilt worden, teilte die Organisation in München mit. "Da Mopti eine strategisch wichtige Hafenstadt am Niger in der Mitte Malis ist, wird befürchtet, dass auch diese Stadt ins Visier der Rebellen gerät", hieß es in der Mitteilung. Das Auswärtige Amt hatte bereits allen deutschen Staatsbürgern in Mali dringend geraten, das Land sofort zu verlassen.

Die Armee Malis hatte sich weitgehend aus dem Norden zurückgezogen, nachdem sich am 22. März meuternde Soldaten in der Hauptstadt Bamako an die Macht geputscht und Präsident Amadou Toumani Touré gestürzt hatten. Die Aufständischen begründeten den Coup mit der Unfähigkeit der Regierung, die Tuareg-Rebellion unter Kontrolle zu bringen. Allerdings spielte der Staatsstreich den Aufständischen in die Hände.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP/rts

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